Emanzipierte Frau
Islamverbände und so genannte Islamversteher_innen waren in den letzten Jahren sehr erfolgreich, das Bild von der in Deutschland unterdrückten Kopftuch tragenden Muslimin zu prägen. Diese gilt hierzulande als Opfer der weißen, deutschen Mehrheitsgesellschaft. Wie wenig dies mit der Realität von in muslimischen Communities groß gewordenen Frauen zu tun hat, zeigt das Buch von Zana Ramadani. Die ehemalige Femen-Aktivistin kam als siebenjähriges Kind nach Deutschland und kämpft seit der Flucht vor der Familie für die Emanzipation der Frau und gegen falsch verstandene Toleranz gegenüber dem konservativen Islam. Ramadani sagt: „Das Kopftuch ist das Leichentuch der freien Gesellschaft.“ Ihre Biografie, die als roter Faden für das Buch dient, legt Zeugnis dafür ab. Für viele ist Ramadani ein rotes Tuch, weil sie in ihrem Buch und ihren Vorträgen die Zustände anprangert, vor denen die Gesellschaft die Augen verschließt. Doch sie nimmt nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Muslime selbst in die Pflicht, allen voran die Mütter. Ihnen kommt, wie sie es schreibt, eine tragende Rolle zu. „Muslimische Frauen sind (...) auch Täterinnen. Denn sie erziehen die Kinder. Das Erziehungsziel unterscheidet sich bei Söhnen und Töchtern klar. Mütter erziehen die Jungs zu Prinzen und Machos, die Mädchen zu ergebenen Dienerinnen der Männer.“ Ramadani fordert von allen stärkere Anstrengungen, sich gegen die schleichende Islamisierung zu Wehr zu setzen. Ihr Kampf ist der Kampf gegen das Patriarchat, ob nun in Christentum oder im Islam. Ein langer Kampf, für den es sich zu kämpfen lohnt.
Christoph Lammers
Zana Ramadani: Die verschleierte Gefahr. Die Macht der muslimischen Mütter und der Toleranzwahn der Deutschen. Europa Verlag, Berlin 2017. 262 Seiten, gebunden, Euro 18,90, ISBN 978-3-95890-077-6
Flugschrift
Die Aktion 3. Welt Saar hat eine neue „Flugschrift“ herausgegeben. Diese fordert unter dem Titel Lachen gehört zu einer freien Gesellschaft fordert eine kritische Auseinandersetzung mit dem Islamismus. Das vierseitige Faltblatt befasst sich dabei mit Islamismus als Fluchtgrund, erörtert die Möglichkeit eines Dialogs mit dem organisierten Islam und begründet, warum falsche Toleranz unterlassene Hilfeleistung ist.
Ein Beitrag arbeitet heraus, dass die Alternative für Deutschland (AfD) nicht als „islamkritisch“ bezeichnet werden kann. Sie wolle den Islam lediglich als „kulturfremd“ aus Europa fernhalten. Als Beleg wird ein Landtagsabgeordneter angeführt, der sich gegen eine Reform des Islams wendet, da sich darin eine Vermischung von Kulturen zeige. Der Islam und sein reaktionäres Gesellschaftskonzept seien zu respektieren, solange dieser in seinen „Ursprungsländern“ bleibe.
Illustriert ist die Flugschrift mit Bildern der iranischen Frauen, die ihr Kopftuch ablegen und dies in der Online-Kampagne My Stealthy Freedom dokumentieren.
Die Flugschrift kann über die Webseite der Aktion 3. Welt Saar angefordert oder heruntergeladen werden.
Freidenkerkalender 2019
Von Aufklärung und Widerstand handelt der diesjährige Kalender der Ulmer Freidenker*innen. Im Zentrum stehen Daten, die mit der gescheiterten Revolution von 1918/19 in Zusammenhang stehen: der sog. Spartakusaufstand, die Ermordung von Kurt Eisner, die bayerische Räterepublik. Des Weiteren geht es um den Widerstand gegen den Faschismus, um das Attentat auf Rudi Dutschke (der vor 40 jahren starb) und auch an den 500. Todestag von Leonardo da Vinci wird erinnert.
Die zwölf Kalenderblätter zeigen Montagen und Aquarelle, kurze Zitate und längere Erläuterungen dazu. Im Kalendarium wird an frei denkende Persönlichkeiten erinnert.
Freidenker-Kalender 2019. 13 Blatt, A 4, vierfarbig, Euro 8,50. Zu beziehen über: Freidenkerinnen & Freidenker Ulm/Neu-Ulm e.V., Postfach 1667, 89006 Ulm oder www.denkladen.de.
Säkulares Spektrum
Das Buch ist die Druckfassung der 2017 erfolgreich verteidigten religionswissenschaftlichen Dissertation. Wie der Untertitel ausdrückt, konstatiert der Bayreuther Autor, nachdem er die Strukturen und Geschichte des „säkularen Spektrums“ aus seiner Sicht dargestellt hat, eine Wende der weltanschaulichen Positionen hin zum Humanismus seit den späten 1980er Jahren. Das gehe mit diversen Widersprüchen im Denken und Tun der Verbände und Vereine einher. Die neueren Entwicklungen, Streitfragen und Ansichten werden mit großem Detailreichtum vorgestellt. Die Quellen für Schröders geradezu ethnographischen Untersuchungen sind Dokumente in Archiven, Publikationen und Interviews.
Zwar widmet sich der Verfasser vorwiegend den konträren Haltungen und Intentionen des Humanistischen Verbands Deutschlands (HVD) und der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs), doch werden auch andere Organisationen einbezogen und vorgestellt. Dabei stellt er, bezogen auf den IBKA, als Alleinstellungsmerkmal betont atheistisch-kirchenkritische Positionen fest: „Der IBKA gibt seit 1982 die polarisierend-religionskritische Zeitschrift Materialien und Informationen zur Zeit (MIZ) heraus, deren Chefredakteur zwischen 1999 und 2007 Michael Schmidt-Salomon war.“
In seiner Studie kommt der Autor zu dem Schluss, dass nicht mehr von einer irgendwie einheitlichen freigeistigen oder humanistischen Bewegung gesprochen werden kann. Ob man nun dieser These zustimmt oder nicht, was ja auch davon abhängt, auf welcher Verallgemeinerungsebene mögliche Gemeinsamkeiten bzw. Divergenzen festgemacht werden, gilt es festzuhalten, dass diejenigen, die sich aktiv, vor allem konzeptionell in dieser „Szene“ bewegen, an diesem Buch und seinen Thesen nicht vorbeikönnen.
Horst Groschopp
Stefan Schröder: Freigeistige Organisationen in Deutschland. Weltanschauliche Entwicklungen und strategische Spannungen nach der humanistischen Wende. Berlin/Boston: Walter de Gruyter Verlag 2018 (Religion and its Others, Studies in Religion, Nonreligion und Secularity, 8) 289 Seiten, Euro 99.-, ISBN 978-3-11-061283-7
Mission
Als 2009 die Reportage Sterben für Jesus/Gott – Missionieren als Abenteuer im ZDF ausgestrahlt wurde, war die Aufregung groß. Der Tod zweier sich auf Mission befindende Schülerinnen der Bibelschule Brake hatte die Öffentlichkeit aufgeschreckt. Insbesondere Journalist_innen begannen sich verstärkt mit der Problematik zu beschäftigen und der Frage nach den Auswüchsen der religiösen Rechten in Deutschland nachzugehen. Mittlerweile ist das Interesse am christlichen Fundamentalismus weitgehend abgeebbt, was nicht zuletzt daran liegt, dass ein Zusammenhang zwischen Christentum und Fundamentalismus – in all seinen Spielarten – negiert wird. Eine typische Haltung in allen monotheistischen Religionen. Die Geistes- und Sozialwissenschaft nahm sich eher verhalten der Problematik an, überließ das Feld lange Zeit der Theologie.
Umso erfreulicher, dass nun eine ethnografische Studie zum Innenleben einer missionarischen Organisa- tion vorliegt. Die Sozial- und Organisationspädagogin Hanna Rettig hat ihre Dissertation veröffentlicht und mit den darin erhobenen Datensätzen interessante Einsichten gewonnen. Mithilfe der teilnehmenden Beobachtung, Interviews und Dokumentenanalyse interpretiert und analysiert die Autorin eine so genannte Jüngerschaftsschule, das „College“ in Schleswig-Holstein. Was der Studie fehlt, ist eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der Lehre und dem Weltbild dieser Organisation – von einer Einbettung in den gesellschaftspolitischen Kontext ganz zu schweigen. Dennoch handelt es sich um wichtige Beobachtungen im Zusammenhang mit missionarischen Diensten, sowohl hierzulande als auch in Übersee.
Christoph Lammers
Hanna Rettig: Making Missionaries. Junge Evangelikale und ihre Mission. Ethnografie einer Jugendorganisation auf Reisen. Transcript Verlag, Bielefeld 2017. 264 Seiten, kartoniert, Euro 32,99, ISBN 978-3-8376-3760-1
Menschenrechtsbroschüre
Eine Broschüre über die Menschenrechte, wie sie entstanden sind und warum wir sie verteidigen müssen, hat die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) herausgegeben. Auf 24 Seiten geht es um die vor 70 Jahren erfolgte Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschen- rechte (deren 30 Artikel dokumentiert werden), um Vorläufer und Unterstützerinnen, aber auch um die Bedrohung dieses Konzeptes.
Die Broschüre kann über die Webseite der Giordano-Bruno-Stiftung angefordert oder heruntergeladen werden.