Lettre International
Im aktuellen Heft von Lettre Inter- national, die sich „Europas Kulturzeitung“ nennt, bricht Cinzia Sciuto eine Lanze für das Prinzip der Laizität. Unter dem Titel „Multikulturelle Fallen“ erläutert sie, dass der Laizismus gerade auch für gläubige Menschen von Vorteil ist, denn der Staat sichere dann „allen (nicht bloß den am weitesten verbreiteten, den mächtigsten, den am besten organisierten und den reichsten Glaubensrichtungen) die freie Ausübung des eigenen Glaubens zu“. Zudem schaffe der laizistische Staat „die kulturellen, wirtschaftlichen, sozialen und materiellen Voraussetzungen dafür ..., daß die einzelnen Bürger tatsächlich in die Lage versetzt werden, sich von ihrer eigenen Ursprungskultur zu emanzipieren“. Hier sieht die italienische Journalistin Konfliktpotential mit dem Multikulturalismus, der von „Gruppenrechten“ ausgehe und die Rechte von „Minderheiten“ schützen wolle. Denn die „Gruppe“ als einheitliche Größe gebe es nicht, es dominierten jene, die als Vertreter_innen einer bestimmten Gemeinschaft auftreten. Für das Individuum sei „die ‘Macht’, welche die Gemeinschaft über es hat – und sei es eine noch so minderheitliche Gemeinschaft, das kleinste Beispiel wäre die Familie –, trotz allem eine Unterordnung unter die Gewalt des Stärkeren. Insofern ist also das einzelne Individuum die ‘Minderheit unter den Minderheiten’, die es zu verteidigen und zu schützen gilt.“
Lettre International 124, Frühjahr 2019, Euro 13,90, www.lettre.de
Humanismus-Fibel
Was müssen Humanist_innen eigentlich alles über ihre eigenen weltanschaulichen Positionen und Traditionen wissen? Der Düsseldorfer Aufklärungsdienst (DA!), eine der aktivsten Ortsgruppen der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) hat den Versuch unternommen, dies auf 56 Seiten darzulegen. Dabei konzentriert sich die Broschüre in ihrer Darstellung auf den evolutionären Humanismus. In den ersten beiden Teilen werden „säkulare Begriffe“ kurz und allgemeinverständlich erläutert. Zunächst geht es um Fragen von Religionskritik und wissenschaftlichem Weltbild. So wird beispielsweise der Unterschied zwischen Atheist und Agnostiker erläutert, wird darauf hingewiesen, dass unter „Aufklärung“ sowohl eine historische Epoche als auch ein nie abgeschlossener Prozess verstanden werden kann, und eine kritische Perspektive auf Glaube oder Kirche eröffnet. Anschließend werden unter der Überschrift „Leben und Lieben“ grundlegende Situationen des menschlichen Lebens angesprochen, wie die Frage nach dem freien Willen oder die Konfrontation mit der eigenen Endlichkeit. Schließlich werden einige Personen, die für die Geschichte von Atheismus und Humanismus von Bedeutung waren, vorgestellt sowie wichtige Organisationen des säkularen Spektrums kurz beschrieben.
Natürlich könnte die Auswahl der beschriebenen Phänomene und behandelten Begriffe und Personen als willkürlich kritisiert werden. Aber die Zusammenstellung erhebt, wie schon im Vorwort betont wird, „keinen Anspruch auf Vollständigkeit“ und sollte dementsprechend nicht als Encyclopédie missverstanden werden. Das kleine ABC des Humanismus ist eine charmante und graphisch sehr ansprechend gestaltete Einführung in den Humanismus und seinen Blick auf die Welt und den Menschen. Es spricht all jene an, die sich schnell mal informieren wollen, was die Humanist_innen denn so tun und wie sie denken. Es bietet Anregungen, eröffnet neue Blickwinkel auf bekannte Begriffe und lädt zum Streiten über die eine oder andere These ein.
Wenn die Düsseldorfer Aufklärer_innen sie nicht grad veröffentlicht hätten, so müsste sowas schleunigst geschrieben werden.
Das kleine ABC des Humanismus. Zusammengestellt vom Düsseldorfer Aufklärungsdienst (DA!). 56 Seiten, geheftet, Euro 5.-; exklusiv zu beziehen über www.denkladen.de
Science Busters
Die Fähigkeit, Wissenschaft und Aufklärung miteinander zu verbinden und unterhaltsam zu vermitteln, ist eine Kunst für sich. Leider muss man immer wieder feststellen, dass nur wenige Wissenschaftler_innen die Fähigkeit besitzen, Erkenntnisse zu vermitteln – von Unterhaltung ganz zu schweigen. Wissenschaftliche und mitunter auch populärwissenschaftliche Bücher strotzen von zu viele Fußnoten, einer ganzen Reihe an komplexen Sätzen und Fremdwörtern und einer zu großen Portion an Selbstdarstellung. Das Heranführen der Leser_innen an den Stoff, das Wecken von Neugierde und das Aufklären über Sachverhalte – so absurd sie auch sein mögen – bleiben dabei oft auf der Strecke. Doch es gibt Ausnahmen und eine dieser Ausnahmen bilden die Science Busters.
Durch den viel zu frühen Tod des Mitbegründers Heinz Oberhummer kam es zu einer Veränderung in der Besetzung. Geschadet hat diese Erweiterung mitnichten. Martin Puntigam, Florian Freistetter und Helmut Jungwirth haben, unter der Mithilfe weiterer Autor_innen, 33 interessante Themen näher unter die Lupe genommen. Ob nun der Glutengehalt des Leibes Christi, der Bierschiss oder der Klang von Käse, keine Frage ist nicht interessant genug, um sie näher zu beleuchten. Und die daraus gewonnenen Erkenntnisse überraschen und wecken die Neugierde der Leser_innen. Ein Buch, das jede noch so (un)wichtige Frage der Menschheit beleuchtet. Eine kurzweilige, lustige und abenteuerliche Reise, die jeder und jedem ans Herz gelegt sei.
Puntigam / Freistetter / Jungwirth: Warum landen Asteroiden immer in Kratern. 33 Spitzenantworten auf die 33 wichtigsten Fragen der Menschheit. Carl Hanser Verlag, München 2017. 286 Seiten, gebunden, Euro 22.-, ISBN 978-3-446-25727-6