Blätterwald | Veröffentlicht in MIZ 3/20 | Geschrieben von Redaktion MIZ

Blätterwald … bruno / Freidenker-Kalender / bruno.

Säkulare Publikationen Lesetipps Zeitschriftenschau Medienauswertung

bruno.

Frisch erschienen ist das Jahresmagazin der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs). Es trägt den Titel Nichts ergibt Sinn außer im Licht der Evolution und stellt auf 80 Seiten die Aktivitäten der Stiftung im Jahr 2019 dar. Ausführlich porträtiert wird beispielsweise die gbs-Beirätin Monika Griefahn, bildreich erinnert wird an die Säkulare Buskampagne. Den Titel erhielt die Broschüre von den Evokids-Wochen im Herbst 2019, deren Höhepunkt die Eröffnung des „Evolutionsweges“ war. Der größte politische Erfolg der gbs fällt hingegen bereits ins Jahr 2020: Im Februar kippte das Bundesverfassungsgericht die Gesetzgebung zur Suizidhilfe und bestätigte so im Nachhinein die Argumente der Kampagne Letzte Hilfe.

Zu beziehen über Giordano-Bruno-Stiftung, sekretariat@giordano-bruno-stiftung.de.

Freidenker-Kalender

Den auf den ersten Blick unerwarteten Titel „Engel der Geschichte“ trägt der Kalenders der Ulmer Freidenker_innen für das Jahr 2021. Mit den „Engeln“ sind allerdings nicht geflügelte Wesen höherer Sphären gemeint, sondern Menschen, die in der Geschichte der Freiheit eine Rolle gespielt haben. Die Jahrestage sind keineswegs alle Anlass zum Feiern. An die Ermordung Patrice Lumumbas (1961) wird erinnert, an den Tod George Floyds (2020), der von einem Polizisten erstickt wurde, obwohl er zwanzig Mal um Luft flehte, oder die letztlich erfolglose Verteidigung der Pariser Commune. Andere Monatsblätter stellen Else Kienle vor, eine Ärztin, die gegen den § 218 kämpfte, den Science-Fiction-Autor Stanislaw Lem oder den Maler Willi Sitte.

Freidenker-Kalender 2021. Hrsg. von Freidenker & Freidenkerinnen Ulm/Neu-Ulm. 12 Blatt, A 4, vierfarbig, Euro 8,50
Zu beziehen info@ulmer-freidenker.de, Fon (0731) 57 176 oder über denkladen.de

Katholizismus & Aufklärung

Unter den Theologen in Deutschland gibt es kaum jemanden, der so luzide und unermüdlich die Schattenseiten des Katholizismus zutage fördert. Die Zahl der Veröffentlichungen wächst ebenso wie die Themen, mit denen sich Hubert Wolf, Professor für Kirchengeschichte an der Universität Münster, beschäftigt. Schließlich gilt die zweitgrößte theologische Fakultät in Europa als Hort der progressiven Theolog_innen. Aber, und das muss auch gesagt werden, Wolf und alle anderen so genannten progressiven Theolog_innen sind und bleiben Theolog_innen. So sehr sich Wolf auch kritisch mit der Kirchengeschichte, in diesem Falle der des 19. und 20. Jahrhunderts auseinandersetzt, so verharrt er doch in den Denkstrukturen der Kirche. Kritik wird deutlich geübt, keine Frage. Doch Rettung bietet ihm der Glaube. In einem Interview zur Veröffentlichung des Buches sagte Wolf: „Das Christentum selbst ist im Grunde genommen die wichtigste Form des kritischen Bewusstseins: In dem Moment, in dem ich Gott transzendent denke, kann ich Kritik an der Welt üben.“ Ein Satz, der nur ein Theologe zu formulieren vermag. Der hier vorgelegte Querschnitt seiner Forschungen ist überaus interessant, aber hat zumindest zwei Schwächen aufzuweisen. Zum einen ist der Titel irreführend, denn er geht der Aufklärung nicht wirklich nach, sondern gibt lediglich einen punktuellen Einblick in die Thematik. Zum anderen ist die darin formulierte Haltung in letzter Konsequenz inkonsequent, denn die Kirchengeschichte ist und bleibt eine Kriminalgeschichte, welche auf Mythen und Legenden aufbaut und im Laufe der Jahrhunderte Millionen von Menschen das Leben gekostet hat.

Wolf, Hubert: Verdammtes Licht. Der Katho­lizismus und die Aufklärung. C.H. Beck, München 2019. 314 Seiten, gebunden, Euro 29,95, ISBN 978-3-406-74107-4

Nazis & Naher Osten

Wer sich heutzutage mit dem Thema Antisemitismus beschäftigt, setzt sich dem Vorwurf aus, das Problem entweder zu relativieren oder das Ausmaß der Bedrohung zu übertreiben. Der Nahe Osten bietet für die in Deutschland wieder zunehmenden Grabenkämpfe beider Haltungen eine willkommene Projektionsfläche. Wie wichtig der Nahe Osten im Hinblick auf der Nahe Osten im Hinblick auf den islamischen Antisemitismus ist, zeigt der Historiker und Publizist Matthias Küntzel in seinem Buch. Er zeigt, wie die Nationalsozialisten die Propaganda als Schnittstelle zwischen dem modernen europäischen Antisemitismus und dem in der arabischen Welt bereits vorhandenen islamischen Antijudaismus diente. Daraus, so Küntzel, entwickelte sich im Wesentlichen der islamische Antisemitismus, der bis heute noch wirksam ist. Dass sich Küntzel in seiner Analyse keinesfalls neutral verhält und „ein gewisses Maß an Parteilichkeit“ an den Tag legt, schadet dem Anliegen des Buches in keiner Weise. Seine Stärke ist zugleich seine Schwäche: Zum einen fokussiert Küntzel seine Betrachtungen auf den Mufti, der von 1941 bis 1945 in Berlin residierte. Kritische Stimmen der arabischen Welt bleiben hier ebenso unbenannt wie die araberfeindlichen Positionen innerhalb des Nationalsozialismus. Zum anderen ist die Verflechtung historischer Ereignisse mit den antisemitischen und antiisraelischen Positionen in der arabischen Welt heutzutage nicht unproblematisch. Im Hinblick auf die Parteilichkeit Küntzels aber nachvollziehbar. Das Buch bietet einen interessanten und wichtigen Einblick in die frühe Zeit des islamischen Antisemitismus. Es liegt nun an der Wissenschaft, diesen Faden aufzunehmen und sich tiefer mit der Thematik zu beschäftigen.

Küntzel, Matthias: Nazis und der Nahe Osten. Wie der islamische Antisemitismus entstand. Hentrich & Hentrich, Berlin 2019. 269 Seiten, broschiert, Euro 19,90. ISBN 978-3-95565-347-7

Darwins große Reise

Die für die moderne Naturwissenschaft bedeutendste Weltreise unternahm der junge Naturforscher Charles Robert Darwin von 1831 bis 1836 auf der HMS Beagle. Auf Grundlage der dort gemachten Entdeckungen entstand das Buch „Die Entstehung der Arten“, welches das Weltbild der damaligen Zeit nachhaltig erschütterte und ein neues (naturwissenschaftliches) Zeitalter einläutete. Die Komplexität der von Darwin begründeten Evolutionsbiologie und der damit verbundenen verschiedenen Theoriebausteine Kindern näher zu bringen, zählt bis heute zur vielleicht größten Herausforderung für Didaktiker_innen. Der britische Illustrator Jake Williams hat sich dieser Aufgabe angenommen und für Kinder ab 6 Jahren ein leicht verständliches Buch geschaffen. Williams illustriert die Reise Darwins anhand von bunten Bildern und einer einfach gehaltenen Sprache und ermöglicht so einen altersgerechten Zugang zum Thema.

Williams, Jake: Darwins große Reise. Die Entdeckung der Natur. Midas Verlag, Zürich 2019. 96 Seiten, gebunden, Euro 19,90, ISBN 978-3-03876-151-8

Sexueller Missbrauch

Dass Errungenschaften der Modernen gegen den Willen der Kirchen erkämpft wurden, ist heute längst kein gut behütetes Geheimnis mehr. Es ist ein ärgerlicher Fakt der Geschichte. Dass auch auf anderen Feldern die Kirchen der sprichwörtliche Krieg erklärt werden muss, ist ebenso Tatsache. Die Rechte von Arbeitnehmer_innen sind hier ein unrühmliches Beispiel. Dass dies auch auf das Feld des sexuellen Missbrauchs zutrifft, sorgt selbst bei kirchennahen Journalist_innen für große Empörung und lässt die Kirchenaustritte weiter steigen. Matthias Katsch zählt seit rund zehn Jahren zu den Pionieren auf dem Gebiet der Aufklärung des sexuellen Missbrauchs und hat nun ein Buch vorgelegt, in welchem er die eigenen Erfahrungen darstellt und die Probleme beim Namen nennt. Als Sprecher der Betroffeneninitiative Eckiger Tisch und Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs verschafft er den Opfern dieses jahrzehntelang andauernden und vertuschten Skandal Gehör. Ein Buch, das weh tut, wehtun muss. Damit es endlich aufhört. Dass die Kirchen zu wenig für die Aufklärung und zu wenig für die Opfer getan haben, verwundert nicht. Ähnlich wie andere ideologisch geschlossene Systeme sind die Kirchen darauf bedacht, ihre Priester zu schützen und somit das System Kirche zu erhalten. Umso bewundernswerter ist das Durchhaltevermögen Katschs, sich dieser eigenen Erfahrung zu stellen und zugleich die Kirchen nicht aus ihrer Verantwortung zu entlassen.

Katsch, Matthias: Damit es aufhört. Vom befreienden Kampf der Opfer sexueller Gewalt in der Kirche. Nicolai Publishing & Intelligence, Berlin 2020. 166 Seiten, gebunden, Euro 18.-, ISBN 978-3-96476-030-2

Richard Dawkins

Richard Dawkins ist ein Star der säkularen Szene. Er füllt ohne Mühe ganze Säle mit Menschen, die seinen Gedanken und Ideen folgen. Seinen Ruhm verdankt er seinen Arbeiten zur Evolutionsbiologie und zur Religionskritik. Seine Veröffentlichungen zählen ohne Frage zu den Highlights im Buchhandel. Als begnadeter Redner und Autor vermag Dawkins die Menschen zu verzaubern und sie mit auf die Reise in die Tiefen der Naturwissenschaft zu nehmen und gleichzeitig mit derselben Leidenschaft den Religiot_innen die sprichwörtlichen Leviten zu lesen. Mit seinem Buch „Forscher aus Leidenschaft“ legt Dawkins rund vierzig Beiträge in einem Sammelband vor, die er bei verschiedenen Gelegenheiten innerhalb der letzten Jahrzehnte verfasst hat. Die Aufsätze reichen von der Evolutionsbiologie bis hin zur Religionskritik. Das in acht Kapitel eingeteilte Buch ist dem leider zu früh verstorbenen Journalisten und Mitstreiter Christopher Hitchens gewidmet. Auch wenn es in dem Buch eigentlich keine neuen Erkenntnisse mitzunehmen gibt, so lohnt es sich doch für diejenigen, die den Provokationen (gegenüber der Religiotie und Unvernunft) und Träumereien (über die Naturwissenschaft) gerne folgen. Kein must-have, aber ein interessanter Schmöker allemal.

Dawkins, Richard: Forscher aus Leidenschaft. Gedanken eines Vernunftmenschen. Ullstein, Berlin 2018. 524 Seiten, gebunden, Euro 26.-, ISBN 978-3-550-05026-8

Ursprung der Menschheit

Es kommt eher selten vor, dass einer/m Paläoanthropolog_in der „große Wurf“ gelingt, d.h. Knochenfragmente ausgegraben werden, welche einer bislang unbekannten Menschengattung zuordnet werden kann. Wem es gelingt, ist Ruhm und Ehre in den Naturwissenschaften gesichert – aber auch Missgunst und Neid. Die Geschichte der Paläoanthropologie ist voll solcher (missglückten) Würfe. Die Historikerin Ellinor Schweighöfer hat sich in ihrer Dissertation der Menschheitsgeschichte angenommen und dabei vier Fossilienfunde in den Mittelpunkt gerückt: Der Neandertaler (1856), der Java-Mensch (Java, 1891), der Piltdown-Mensch (England, 1912) und das Taung-Kind (Südafrika, 1924). In gewisser Weise stellt Schweighöfer das Wissen zur Entstehung des Menschen vom Kopf auf die Füße, denn zu Beginn der Forschungen im 19. Jahrhundert, ging man davon aus, dass Europa der Ursprung der Menschheit war – ganz im Sinne der exzeptionalistischen Denktraditionen. Dieses Bild hat sich, der Wissenschaft sei Dank, verändert, wie auch der Titel des Buches nahelegt. „Wir“ stammen aus Afrika, so der heutige Konsens, der von der Mehrzahl der Forschenden akzeptiert wird. Es geht der Autorin in ihrer Studie um die Geschichte der Funde, nicht um die Diskussion der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse. Schweighöfer diskutiert und gewichtet die (Er) Kenntnis der wissenschaftshistorischen Forschung der damaligen Zeit. Ein überaus spannende und lohnende Lektüre, mit der ihr, um den Kreis zu schließen, ein „großer Wurf“ gelungen ist.

Schweighöfer, Ellinor: Vom Neandertal nach Afrika. Der Streit um den Ursprung der Menschheit im 19. und 20. Jahrhundert. Wallstein, Göttingen 2018. 424 Seiten, gebunden, Euro. 36.-, ISBN 978-3-8353-3209-6

Staat & Religion

Der Untertitel des hier vorliegenden Sammelbandes überrascht doch ein wenig. Nicht, dass die Frage zum Verhältnis von Staat und Religionen keine Schlüsselfrage des politischen Denkens wäre. Nein, vielmehr überrascht es, dass der Bereich der politischen Theorie und Ideengeschichte so lange gebraucht hat, um dies anzuerkennen – was nicht bedeutet, dass der Band diese Positionen befriedigend darstellt. Sicherlich finden sich namhafte Denker – Denkerinnen scheinen sich ideengeschichtlich nicht mit dem Thema befasst zu haben – unter den Darstellungen, allen voran Hobbes, Rousseau, Kant, Weber aber auch Foucault und Derrida seien hier stellvertretend genannt. Keine Frage, die Autor_innen beherrschen legen die Überlegungen der Denker stichhaltig dar. Doch nicht nur, dass die marxistische Denktradition komplett ausgespart wurde, kritische Gedanken kommen zu kurz. Das Verhältnis von Staat und Religionen ist für die Ausgestaltung des demokratischen Gemeinwesens von großer, wenn nicht sogar außerordentlicher Bedeutung. Leider wurde von den Herausgebern der Fokus zu sehr auf die abstrakte Ebene der politischen Theorie gelegt. Die, wie in der Ankündigung hervorgehobene „Vielschichtigkeit der Verbindungslinien zwischen Politik und Religion“ wurden nicht genügend dargelegt.

Hidalgo, Oliver / Polke, Christian (Hrsg.): Staat und Religion. Zentrale Positionen zu einer Schlüsselfrage des politischen Denkens. Springer, Wiesbaden 2017. 457 Seiten, broschierte Ausgabe, Euro 64,99, ISBN 978-3-658-17606-8

Übermuslim

Wer sich mi Sigmund Freud beschäftigt hat, wird feststellen müssen, dass dieser sich lediglich mit zwei der drei großen monotheistischen Religionen, dem Judentum und dem Christentum, auseinandergesetzt hat. Zum Islam äußerte sich Freud Zeit seines Lebens nicht. Die Psychoanalyse fand dementsprechend lange keinen nennenswerten Zugang zu dem Thema. Dies hat sich mittlerweile geändert. Fethi Benslama, französischer Psychoanalytiker und ausgewiesener Kenner des Islam, legt den Islamismus in seinem Buch sozusagen auf die Couch. Ein durchaus interessante und erhellende Herangehensweise, sieht er doch die Ursachen des radikalisierten Islam in den sozialen Bedingungen junger Muslime. Suche nach Heilung. Angst, Regression – die Abgründe scheinen tief und prägend zu sein. Ein durchaus interessantes Buch, welches die verschiedenen Perspektiven auf die Radikalisierung erweitert. Dass er den Islamismus als antipolitische Utopie versteht, sei ihm verziehen.

Benslama, Fethi: Der Übermuslim. Was junge Menschen zur Radikalisierung treibt. Matthes & Seitz, Berlin 2017. 141 Seiten, gebunden, Euro 18.-, ISBN 978-3-95757-388-9

Frauen in Saudi-Arabien

Im Alter von 20 Jahren wird Kholoud Bariedah auf einer privaten Feier in Saudi-Arabien von der Religionspolizei verhaftet. Ihr Vergehen: sie hatte gemeinsam mit anderen Frauen und Männern gefeiert. Kein Sex, kein Alkohol, lediglich Vergnügen war hier im Spiel. Ein Verhalten, welches nach herrschendem Recht in Saudi-Arabien ein strafbares Vergehen darstellt. Sie wurde verurteilt. Sollte sie jedoch den Koran auswendig lernen – ein offenbar gängiges Instrument der Züchtigung und Indoktrination – würde die Verurteilung zu vier Jahren Gefängnis und 2000 Stockhieben auf 600 Stockhiebe und eine kürze Gefängnisstrafe reduziert werden. Bariedah nahm die Herausforderung an und entkam so dem Frauengefängnis in Mekka. Das Buch „Keine Tränen für Allah“ handelt von ihrer Geschichte. Ein eindrückliches und zugleich bedrückendes Zeugnis aus einer religiösen Diktatur. Sie ist weder die erste noch die letzte, der solches widerfahren ist. Ihr Buch ist daher Mahnung und Aufforderung zum Handeln zugleich.

Bariedah, Kholoud: Keine Tränen für Allah. Wie ich von Tugendwächtern verurteilt wurde und dem Frauengefängnis von Mekka entkam. Droemer Knaur Verlag, München 2018. 315 Seiten, kartoniert, Euro 16,99, ISBN 978-3-426-21434-3

Islamkritik

Der Islam bietet eine breite Projektionsfläche für sehr unterschiedliche Wahrnehmungen, Haltungen und Wertvorstellungen. Während auf der einen Seite Kritiker_innen des Islam vor den Gefahren der Islamisierung warnen, versuchen die Vertreter_innen des Multikulturalismus alle Bedenken zu zerstreuen. Wie also umgehen mit dem Islam und seinen sehr unterschiedlichen Strömungen in Deutschland? Der Journalist Klemens Ludwig stellt in seinem Buch „Die Opferrolle“ Pluralismus, Menschenrechte sowie die Trennung von Religion und Politik in den Mittelpunkt. Seine Argumente sind keinesfalls neu und überraschen auch nicht wirklich. Die Probleme sind bekannt: die Diskriminierung ist offensichtlich, allerdings ist auch offensichtlich, dass diejenigen, die den Islam verteidigen, von Fehlern in den eigenen Reihen nichts hören möchten. Tapfer hält Ludwig an der Islamkritik fest, auch dann, wenn sie längst als islamophob abgestempelt ist. Opfer sind bei Ludwig weniger die Menschen als die demokratische Gesellschaft und das Zusammenleben. So kommt die Soziologin Necla Kelek in ihrem Vorwort zu dem Schluss: „Auch Muslime können sich nicht auf die Opferrolle zurückziehen, ohne diese Rolle historisch und reflektiert aufgearbeitet zu haben. Und dies wäre auch die Voraussetzung für ein verantwortungsbewusstes Miteinander als Bürgerin und Bürger.“

Ludwig, Klemens: Die Opferrolle. Der Islam, seine Selbstinszenierung und die Werte der Aufklärung. LangenMüller, Stuttgart 2019. 270 Seiten, kartoniert, Euro 20.-, ISBN 978-3-7844-3510-7