Das mag der Tatsache geschuldet sein, dass die Partei mit dem C in der Mitgliedschaft eines Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten nicht ihre vorrangige Wählerklientel vermutet (was auch zutreffen dürfte), eine schnell verfasste abschlägige Antwort also kaum politisches Porzellan zerschlagen kann. Trotzdem fallen die Antworten sachlich und ausführlich aus, zudem in einem deutlich verbindlicheren Tonfall als zu Zeiten der Kohl-Ära. Inhaltlich freilich überwiegen die Differenzen.
Beide Schreiben lehnen die Idee eines Neutralitätsgesetzes ab. Im Zentrum der CDU-Position steht dabei der Kooperationsgedanke. Staat und Religionsgemeinschaften könnten im Rahmen der bestehenden Verhältnisse gut zusammenarbeiten; zugleich sieht die Union darin „eine geeignete Grundlage, um der zunehmenden Vielfalt der religiös-weltanschaulichen Bekenntnisse in unserem Land gerecht zu werden“ (Hermann Gröhe für die Bundestagsfraktion).
Im Detail unterscheiden sich die Argumentationen: Während die Bundesgeschäftsstelle sich darauf konzentriert, das religiöse Profil der Partei in den Vordergrund zu stellen („... haben wir besonderes Vertrauen gegenüber der Fähigkeit von Religion, Werte zu vermitteln und unser Gemeinwesen zu bereichern“), konzentriert sich die Fraktion eher auf formale Aspekte. So verweist Gröhe auf die „Gruppen aus dem humanistischen Spektrum“, die ihrerseits den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts innehaben, insofern also mit den Kirchen gleichgestellt seien.
Wer in den Schreiben nach der zukünftigen Strategie der Union sucht, könnte zu der Einschätzung kommen, dass die Partei bereit ist, das Privilegiensystem auf weitere Religionen, zumindest auf die abrahamitischen, zu erweitern. Die Grenze scheint hier die Verfassungstreue darzustellen (wobei unklar bleibt, wie diese geprüft werden könnte). Das Problem, dass nicht-kirchenförmig organisierte Vereinigungen bislang kaum Aussichten auf eine Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts hatten, umgehen beide Antworten.