Wir die Redaktion haben uns dazu entschlossen, das Heft künftig thematisch umzugestalten. Wenn man 40 Jahre lang gegen religiöse Albernheiten anschreibt und das Endergebnis ist, dass die Kirchen immer mehr Geld vom Staat bekommen, die Menschen immer noch Globuli schlucken und die Mehrheit der Politiker glaubt, dass eine Gottheit namens Markt immer alles zum Besten regelt, ja dann ist der Frust groß. Da kommt dann ein Bedürfnis nach Liebe und Zuneigung auf, man hinterfragt den Sinn des Lebens und begibt sich auf die Suche...
Und wir haben Trost im Abschied vom Atheismus gefunden. Denn das Leben als Gläubige hat doch deutliche Vorteile. Man denke nur an den Nutzen, den so ein eingebildeter Freund wie Gott hat, dem man die Verantwortung für das eigene Leben aufladen kann. Der Rationalismus dagegen wird schwer überschätzt. Das haben wir endlich erkannt und werden uns künftig ganz dem Glauben und damit einem leichteren und trostreicheren Leben hingeben. Zudem ist das mit dem Jenseits ja nicht so schlecht. Dabei ist uns der innere Wandel nicht immer leicht gefallen. Besonders schwer war es für unseren armen Chefredakteur. Er musste doch so einige kreationistische Schinken lesen, bis sein Gehirn soweit geschädigt war, dass er den christlichen Glauben wieder annehmen konnte. Erst als sein Gehirn nach der Lektüre von Joseph Ratzingers letztem Buch dann auf Erbsengröße geschrumpft war, sah er dann auch ein, dass das mit den Naturwissenschaften Unsinn ist. Nun gibt es für ihn aber keine Zweifel mehr: Darwin irrte, die Evolution fand nie statt, die Erde ist erst 6000 Jahre alt ist und eine Scheibe. Zudem ist Christoph Lammers der festen Überzeugung, dass der Irrlehre der Gravitation Einhalt geboten werden muss. Denn ganz ohne Zweifel sind es nicht irgendwelche Gravitationskräfte, die Gegenstände am Boden halten, sondern diese werden von einer Höheren Intelligenz zu Boden gedrückt. So wird es in einer der nächsten MIZ-Nummern also einen Schwerpunkt zum Intelligent Falling geben.
Daniela Wakonigg hatte es da schon wesentlich leichter sich von ihrem zwanghaften Rationalismus zu lösen. Seit sie bei einer Begegnung mit Bruder Spaghettus von der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters die Vorzüge des Pastafarismus kennenlernen durfte, ist sie ein glücklicher Mensch. Wer wäre das auch nicht, wenn einen im Jenseits ein Biervulkan und eine Stripperfabrik erwartet? Da Pastafari glücklicherweise nicht nur auf Freuden im Jenseits warten, gibt es bei Redaktionssitzungen nun immer Freibier. Besoffen lässt es sich ohnehin besser schreiben, das wusste schon Goethe.
Bei unserer jüngsten Redakteurin Nicole Thies dagegen war es eine wundersame Erscheinung, die sie zum Umdenken bewegte. Als Nicole eines Tages durch die üppigen Wälder von Frankfurt wanderte, stand es plötzlich vor ihr: Ein unsichtbares Einhorn und dazu noch rosafarben! Schlagartig wurde ihr klar, dass ihr unermüdlicher Einsatz für eine rationale Welt vergebens war. „Gesegnet seien Ihre Heiligen Hufe“ rief sie und gründete umgehend eine neue Gemeinde. Wenn sie ihrem heiligen Tier nun noch beibringen könnte, nicht immer unsichtbare Einhornäpfel in den Verlagsräumen fallen zu lassen, dann wäre auch der Rest der Redaktion glücklich.
Ja und ich als Schreiber dieses Editorials bekenne, dass ich die Macht in mir gespürt habe. Was möglicherweise daran liegt, dass der Nachbarsjunge an Weihnachten den Bau eines Lego- Todessterns begonnen hat. Die Rettung der Welt obliegt jetzt also mir ganz allein. Jedenfalls konnte ich ganz plötzlich Gegenstände bewegen und ein kleiner grüner Kobold mit Lichtschwert flüsterte mir Weisheiten ins Ohr wie, „Immer zwei es sind! Ein Schüler und ein Meister!“ und „Vergessen du musst was früher du gelernt.“
Wir, die Redaktion, hoffen jedenfalls, dass Ihnen die neue Ausrichtung unseres Heftes gefällt. Oder wie es mein Meister Yoda ausdrücken würde: „Gefallen das Heft euch wird.“
Post Scriptum
Mein Artikel in der letzten MIZ mit dem Titel „Weitere Jahrtausende alte Tradition verboten“ hat bei einigen unserer Leserinnen und Leser für Verwirrung gesorgt. Damit keine weiteren Missverständnisse aufkommen, dieser Beitrag war eine Satire. Weder gibt es Teufelsanbeter, die ihre Kinder brandmarken, noch gibt es einen Zentralrat der Satanisten. Die im Text dargelegten Argumente waren jedoch traurigerweise sehr nah an dem, was auch in der Beschneidungsdebatte tatsächlich hervorgebracht wurde. Wer nun übrigens glaubt erkannt zu haben, es handle sich auch bei diesem Editorial um eine Satire, liegt natürlich völlig falsch.