Neulich | Veröffentlicht in MIZ 1/18 | Geschrieben von Daniela Wakonigg

Neulich … im Land der Berge und Esoteriker

Bei der Konzeption neuer Kranken­häuser sollte das Patientenwohl stets im Zentrum stehen. Das dachte sich auch die Programmleiterin des im Bau befindlichen Krankenhauses Nord in 
Wien und beauftragte den Ex-Auto­händler und Bewusstseins-Forscher Christoph F. damit, für 95.000 Euro aus der Staatkasse einen „Energie-Schutzring“ um das Gebäude zu legen.

Ein Skandal, fand Human-Ener­getiker Dieter M., der wenige Tage später bei einer Begehung des Baugeländes feststellte, dass es gar keinen Energie-Schutzring um das Areal gab! „Ich habe das sofort gespürt: Da gibt’s nichts, da wurde noch nie ein Energie-Ring aufgezogen. Den Leuten muss das Handwerk gelegt werden!“, zitiert ihn das österreichische Investigativ-Blatt Kronen-Zeitung (die österreichische Bild-Zeitung). Denn nicht nur, dass sein offenbar betrügerischer Energetiker-Kollege nicht getan hat, wofür er bezahlt wurde, nein, er hat dafür laut Dieter M. auch noch ein absurd hohes Honorar genommen: „Energetiker verrechnen sonst 80 Euro pro Stunde. Und für einen Energie-Ring brauche ich nur eine Stunde.“

Die Magenschmerzen um den Energie-Schutzring waren in Österreich noch nicht ganz verklungen, als schon die nächste Esoterik-Meldung durch die Medien pendelte. Via Twitter wurde bekannt, dass Margarete Schramböck (ÖVP), seit Januar österreichische Bundesministerin für 
Wirtschaft und Digitalisierung, im Laufe ihrer Erwerbsbiografie neben einem Doktortitel in Wirtschafts­wissen­schaften auch einen Gewerbeschein als Energetikerin erworben hat. Laut eigenen Angaben hat Schramböck das Gewerbe zwar nie betrieben, doch was sie mit dem Gewerbeschein vorhatte, enthüllte die Zeitung Kurier. Unter anderem „die Wahrnehmung raumenergetischer Phänomene mit und ohne Geräteunterstützung, durch Berücksichtigung von Planetenkonstel­lationen und lunaren Energien“.

Wer nun meint, die Frau Ministerin und die beiden Krankenhaus-Energeti­ker seien in der Alpenrepublik bedauernswerte Ausnahmen, der wird enttäuscht werden. Esoterischer Klimbim ist in Österreich mehr als salonfähig. Das enthüllte kurz vor Ostern eine Umfrage der Zeitung Der Standard auf erschreckende Weise: Dass man ein Haus energetisch reinigen kann, glauben 29 Prozent der befragten Österreicher. 45 Prozent glauben, dass man mit Wünschelruten Schwingungen und Störungen auspendeln kann, und 72 Prozent sind sich sicher, dass gute Handlungen ein positives Karma erzeugen. Ob es angesichts dieser Zahlen einen Hoffnungsschimmer darstellt, dass nur noch 39 Prozent der befragten Österreicher an die Allmacht Gottes und nur noch jeder Fünfte an die Auferstehung Jesu glaubt?

Gute Frage. Man sollte die Antwort auspendeln. Ich reinige mich jetzt auf jeden Fall erstmal energetisch von diesem Mist und schluck ’ne Pulle Globuli gegen die Kopfschmerzen, die mir dieser Wahnsinn verursacht.