100 Jahre bfg Augsburg
Erst im August 2011 konnte der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Augsburg eine bemerkenswerte runde Zahl feiern, denn er erreichte eine vierstellige Mitgliederzahl. Wenige Monate später fand im Musiksaal des Augsburger Zeughauses die Festveranstaltung statt anlässlich der Gründung des bfg Augsburg vor 100 Jahren.
Dazu konnte der Vorsitzende Gerhard Rampp eine Reihe von Gästen be grüßen. Immerhin drei Parteien entsandten Vertreter für ein Grußwort: die Grünen, die Linken und die Piratenpartei. Alle drei sprachen sich für eine weltoffene säkulare Gesellschaft aus, die die Religionsfreiheit garantiere, aber nicht von Religionen dominiert sein solle.
Die ebenfalls eingeladene Augsburger SPD gab sich im Vorfeld weltoffen. Der zuständige Mitarbeiter meinte, ein Grußwort sei sicher kein Problem, fast alle Mandatsträger hier seien konfessionslos. Wenige Tage vor der Veranstaltung kam dann per Mail die Absage; leider habe keine einzige der in Frage kommenden Personen an diesem Abend Zeit. Auf die Rückantwort, es genüge auch ein zugesandtes Grußwort, das verlesen werde, kam dann überhaupt keine Reaktion mehr. Als dies im vollbesetzten Festsaal vorgetragen wurde, erhob sich spontan schallendes Gelächter... Immerhin trafen auch Grußworte von bundesweiten Organisationen ein, darunter ein besonders witziges von Michael Schmidt-Salomon für die Giordano-Bruno-Stiftung und ein Glückwunsch vom Dachverband Freier Weltanschauungsgemeinschaften.
Dann ging der Vorsitzende auf die wechselhafte Entwicklung des bfg Augsburg ein. 1911 fanden sich proletarische Freidenker und bürgerliche Liberale zur Gründung zusammen. Nach 1920 wuchs die Vereinigung auf 200 Mitglieder und die konnten 1931 bei der 20-Jahr-Feier sogar dem Festvortrag eines SPD-Bürgermeisters lauschen. 1933 von den Nazis verboten, nahm der bfg nach der Wiedergründung 1950 zunächst einen Aufschwung im Sog der SPD, stagnierte aber nach deren Hinwendung zu den Kirchen. Als 1982 ein junger Vorsitzender gewählt wurde, hatte der bfg Augsburg noch 54 Mitglieder. Dank neuer Aktivitäten konnte die Vereinigung in den Folgejahren ihre Mitgliederzahl kontinuierlich steigern. (Zum Zeitpunkt der Veranstaltung waren es 1021, derzeit sind es 1047 Mitglieder.) Wichtigste Aktivitäten waren 1980 die Gründung der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS), 1997 die Popularklage gegen das bayerische Schulkreuz-Gesetz und 2001 die Einrichtung des Ludwig-Feuerbach-Preises. Am Ende blickte Rampp auf die nähere Zukunft: In den letzten 20 Jahren sei der Anteil der Kirchenmitglieder in Bayern wie in Deutschland um ein Fünftel geschrumpft. Allein schon wegen der Überalterung in den Kirchen werde es etwa 2035 genauso viele Konfessionslose wie Katholiken geben. Daher liege es im langfristigen Interesse aller Parteien, sich für den Abbau der kirchlichen Privilegien einzusetzen.
Der eigentliche Festvortrag von Heinz-Werner Kubitza befasste sich mit dem zentralen Thema seines lesenswerten Buches Der Jesuswahn, nämlich der Entzauberung des Christentums durch die wissenschaftliche Forschung.
Kirchenkreuzstreit
Der hessische Landesverband des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) unterstützt im „Egelsbacher Kirchenkreuzstreit“ die Forderung nach weltanschaulicher Neutralität. Mit dieser war ein Egelsbacher Bürger an seine Gemeinde herangetreten, nachdem diese die Auftstellung von drei meterhohen Holzkreuzen an öffentlichen Plätze genehmigt hatte. In einer Pressemitteilung wies der Atheisten-Verband darauf hin, dass ein solches Vorgehen „mit der grundgesetzlich ver ankerten Neutralität des Staates in weltanschaulich-religiösen Fragen nicht zu vereinbaren“ sei. Das Kreuz bezeichnete der stellvertretende Sprecher des IBKA-Landesverbands Andreas Braun als „provokantes, christliches Symbol“, das nicht geeignet sei, das friedliche Zusammenleben von Bürgern unterschiedlicher Weltanschauung zu fördern.
Die genauen Hintergründe der Er richtung der Kirchenkreuze sind derzeit noch unklar. Hergestellt wurden die Holzkreuze im Rahmen einer Kinderbibelwoche. Danach wurden sie in der Nähe eines Kindergartens, an einem stark frequentierten Fernwanderweg und nahe einer Grillhütte aufgestellt. In mindestens einem Fall wurde offenbar eine erforderliche Baugenehmigung nicht eingeholt. Die Sache soll, wie zu vernehmen ist, vom Bürgermeister auf dem „kurzen Dienstweg“ geregelt worden sein.
Nachdem die Verwaltung der südhessischen Ortschaft zunächst keine Anstalten machte, sich der Sache anzunehmen, kam Bewegung in den Fall, als die lokalen Medien berichteten. Nun stehen Gespräche an, was weiter geschehen soll. Die Brights haben im Internet eine Unterschriftenaktion gestartet, mit der die Verwaltung aufgefordert werden soll, die Genehmigung zurückzunehmen (www.ipetitions.com/ petition/egelsbach_crosses/).
Anti-Rock-Aktivitäten
Wenn ab dem 13. April in Trier die „Heilig-Rock-Wallfahrt“ (vgl. MIZ 2/96) stattfindet und einige Wochen lang eine angeblich von Jesus getragene Tunika dem gläubigen Volk präsentiert wird, gibt es im nur eine kurze Strecke vom Dom entfernten Kultur- und Kommunikationszentrum Tufa ein umfangreiches Alternativprogramm. Kern wird eine Ausstellung mit dem Titel „Reliquie – Fetisch in Kirche, Kunst & Konsum“ sein, die sich anhand von Exponaten internationaler Kunstschaffender – da- runter Janosch, Bazon Brock und Liu Guangyun – mit modernen Götzenbildern auseinandersetzt. Neben der Kunstschau stehen zahlreiche Abendveranstaltungen auf dem Programm, die maßgeblich von der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) organisiert wurden. Unter dem Motto „Heilig’s Röckle“ sind unter anderem Ingrid Mätthaus-Maier, Michael Schmidt-Salomon, Christoph Lammers, Werner Kubitza und Ralf König zu hören. Die Bandbreite der Themen erstreckt sich von den Folgen religiöser Erziehung bis zum gegenwärtigen Erfolg der Evangelikalen.
Kurz vor Eröffnung der Ausstellung stand diese allerdings auf der Kippe. Denn Ende März zogen zwei Institutionen, die Fördermittel in Aussicht gestellt hatten, ihre Zusagen überraschend zurück. Damit fehlte plötzlich etwa ein Drittel des veranschlagten Etats für die Kunstschau. Zunächst hieß es, die Sparkassenstiftung und die Kulturstiftung Trier hätten sich wegen der Beteiligung der Giordano-Bruno-Stiftung zurückgezogen, später dementierten dies die Verantwortlichen jedoch und verwiesen auf „grundsätzliche Erwägungen“.
Zur Provinzposse wird die Angelegenheit, da die Ausstellung in der Tufa
ursprünglich sogar Bestandteil des offiziellen, von der Kirche verantworteten Heilig-Rock-Programms war. Der Stimmungswechsel wird jedoch ohne Folgen bleiben, denn durch Spenden und andere öffentliche Zuwendungen ist die Finanzierung der Ausstellung mittlerweile wieder gesichert.
Weitere Informationen zum Programm gibt es unter: http://heiligs-roeckle.blogspot.de.
Kritik an Petition
Die vom Deutschen Freidenker-Verband (DFV) Anfang Januar veröffentlichte Petition „Kriegsvorbereitungen stoppen! Embargos beenden! Solidarität mit den Völkern Irans und Syriens!“ ist im säkularen Lager auf Kritik gestoßen. Sowohl der Dachverband Freier Weltanschauungsgemeinschaften (DFW) als auch der Humanistische Verband Deutschland (HVD) distanzierten sich von dem Aufruf.
In der auf der Webseite des Freidenker-Verbands (www.freidenker.org) veröffentlichten Petition wird ein Ende „der Politik der Erpressung und Kriegsdrohung gegen den Iran und Syrien“ gefordert. Die Bundesregierung solle die Embargomaßnahmen gegen die beiden Staaten „bedingungslos und sofort“ aufheben und klarstellen, dass sie sich an einem Krieg nicht beteiligen wird. Der USA sowie der Europäischen Union wird vorgeworfen, eine militärische Intervention längst vorbereitet zu haben, da sowohl Syrien als auch der Iran „eine eigenständige Politik verfolgen und sich ihrem Diktat nicht unterordnen“. Durch die Zerrüttung der Wirtschaft und die Zuspitzung sozialer Konflikte solle eine Situation hergestellt werden, die als Vorwand für ein militärisches Eingreifen herangezogen werden könne.
Der DFW veröffentlichte daraufhin umgehend eine Stellungnahme und empfahl seinen Mitgliedsorganisationen und Mitgliedern, die Petition nicht zu unterzeichnen. „Wir betrachten die in der Petition vorgenommene Analyse als unzureichend und verzerrend, teilweise auch Ursache und Wirkung umkehrend“, heißt es im Text. Es fehle in der Petition „die Anerkennung des Strebens der Bevölkerungen dieser Länder, die sich für ihre Menschenrechte gegen Diktatoren zur Wehr setzen, wozu sie Hilfe von außen erbeten haben im Einklang mit dem Völkerrecht“.
Der HVD distanziert sich einige Wochen darauf ausdrücklich „von den Solidaritätserklärungen des Deutschen Freidenker-Verbandes (Sitz Dort mund) mit unterschiedlichen arabischen Despoten, die von der Emanzipationsbewegung in arabischen Ländern bekämpft werden bzw. bereits gestürzt worden sind“. Das Eintreten für Tyrannen sei mit einem praktischen Humanismus unvereinbar. An den Koordinierungsrat säkularer Organisationen (KORSO), dem beide Organisationen angehören, erging die Aufforderung, sich dieser Position anzuschließen.