Zündfunke | Veröffentlicht in MIZ 1/25 | Geschrieben von Redaktion MIZ

Zündfunke … Podiumsdiskussion / Heidenspaß fast überall / Protest gegen BR-Bericht

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Podiumsdiskussion

Kirchen, Spaghettimonstergruppen und alle anderen religiösen Gemeinschaften muss man verspotten, ja auch offen beschimpfen können. Lächerlich machen muss man sie nicht, das sind sie eh schon von sich aus. Das sehen französische Laizisten als selbstverständlich an, nicht nur Charlie Hebdo.

Auf der Podiumsdiskussion, zu der der Internationale Bund der Konfes­sionslosen und Atheisten (IBKA) gemeinsam mit den Evolutionären Huma­nisten Berlin-Brandenburg (ehbb) eingeladen hatte, sah das leider niemand außer Henry Schmidt von der Partei der Humanisten (PdH) so klar. Dabei waren der Einladung nur als deutlich säkular geltende Parteien gefolgt, nämlich Linke, FDP, Volt, SPD und eben die PdH (die in Berlin aber gar nicht zur Wahl antreten durfte, weil sie die nötigen Unterstützungsunterschriften in der kurzen Zeit nicht sammeln konnte). Unter der Überschrift „Weniger Religion wagen“ beantworteten Katina Schubert (LINKE), Dr. Marius Strubenhoff (FDP), Pauline Raabe (VOLT), Henry Schmidt (PdH) und Sabine Smentek (SPD) gut eine Woche vor der Bundestagswahl konkrete Fragen. Grüne und CDU, die den Kirchen am nächsten stehenden Parteien, hatten trotz Einladung niemanden geschickt.

In vielem waren sich alle Podiums­teilnehmer eigentlich einig: Der § 218 hätte abgeschafft werden müssen, die Chance darauf wird mit der neuen Regierung für lange Zeit weg sein. Der § 166 (Gotteslästerung) verstößt gegen die Meinungsfreiheit und muss erheblich geändert, wenn nicht ebenso abgeschafft, werden. Die Staatsleistungen müssen endlich „abgelöst“ werden, Religionsunterricht in der Schule ist falsch.

Warum haben die Parteien der Ampel hiervon nichts umgesetzt? Warum scheiterte eine Liberalisierung des § 218 noch wenige Tage zuvor? Wann wird eine der Parteien, die im Bundestag vertreten sind bzw. sein werden, in Zukunft etwas in dieser Richtung tun? Dies fragte das Publikum und bekam leider keine Antworten. (Es mag unfair erscheinen, hier einzelne Vertreter der Parteien für diese Situation verantwortlich zu machen, aber auch diese Einzelnen dürften gut einschätzen können, wie der säkulare Gesamtdiskurs in ihren Parteien läuft.) Auch auf den Hinweis, dass der § 166 vor allem Islamisten nutzt, wurde nicht eingegangen.

Eine traurige Aussicht für säkulare Politik. Denn auf dem Podium saßen Verbündete und politische Freunde. Wie es mit den politischen Gegnern aussieht, mag man sich da gar nicht erst ausmalen. Mit einer von einem Kanzler Merz geführten Regierung, einem Bundestag mit 20% Abgeordneten einer extrem rechten Partei und der rasanten Zerstörung einer demokratischen Weltordnung durch einen Wahnsinnigen im Weißen Haus wird es nichts zu gewinnen geben. Uns wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als uns wenigstens mit der demokratischen Zivilgesellschaft im Kampf gegen eine weitere Faschisierung enger zu vernetzen, auch wenn dabei vielleicht die reine säkulare Lehre manches mal zu kurz kommt.

Frank Eckert

Heidenspaß fast überall

Auch dieses Jahr fanden wieder zahlreiche Veranstaltungen am Karfreitag statt, die gegen die „Stiller-Tag-Regelung“ protestierten. Dabei ging es manchmal „einfach so“, in anderen Städten bedurfte es anwaltlicher Unterstützung, um die Kommunalverwaltung auf den Boden der juristischen Tatsachen zu holen. Denn seit dem Bundesver­fas­sungsgerichtsurteil aus dem Jahr 2016 (siehe MIZ 4/16) ist es nicht mehr ausnahmslos verboten, am Karfreitag zu tanzen.

Auflagen gibt es mancherorts frei­lich, in Konstanz musste die „For­bidden Moves“-Party der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) Bodensee mit der „Verkündung eigener weltanschau­licher Überzeugungen“ verknüpft werden. Anderswo reicht eine Aus­nahme­genehmigung, die feststellt, dass „keine Auswirkungen zu befürchten“ seien, „die den äußeren Ruherahmen des mit einem besonderen Stilleschutzes ausgestatteten Tages beeinträchtigen können“. Und so zeigt in Bochum die Initiative Religionsfrei im Revier seit Jahren schon den Monty-Python-Klassiker Das Leben des Brian. Im Vorprogramm war dieses Jahr der von der gbs produzierten Dokumentarfilm Free Charlie! zu sehen, der an die Opfer des Anschlags auf die Charlie Hebdo-Redaktion erinnert und die Abschaffung des Gottes­lästerungsparagraphen 166 StGB fordert. Auch hier gab es einen weltan­schau­lich-politischen Aspekt: eine Plakatwand mit „15 Beispielen für Kirchenprivilegien, die gegen das Prinzip Trennung von Kirche und Staat verstoßen“, auf der alle Brian-Fans ihr größtes Ärgernis mit einem Klebepunkt versehen konnten.

In Bayern fanden ebenfalls zahl­reiche Tanzveranstaltungen statt, wo­bei die Durchsetzung in München offenbar einfacher war als in Nürn­berg. Während der Bund für Geistes­freiheit (bfg) München für die Landes­hauptstadt für die Zeit von Grün­don­nerstag bis Ostersamstag insgesamt 47 Veranstaltungen vermelden konnte, blieb es in Nürnberg bei einer einzigen. Zudem hagelte es für diese Auflagen, die vom Ordnungsamt offensichtlich nur mit dem einen Ziel erteilt wurden, damit die Tanzwilligen vielleicht die Lust verlieren (was aber nicht gelang).

Assunta Tammelleo, ohne deren Einsatz es die Entscheidung des Bun­desverfassungsgerichts nicht gegeben hätte, hatte dazu schon im Vor­feld des Osterwochenendes gesagt: „Selbst­verständlich sollen und dürfen Chris­t*in­nen in Stille und Trauer gedenken. Sie dürfen aber nicht Anders- und Nicht-Gläubige zwingen, es ihnen an einem solchen Tag gleich tun zu müssen. Wir zwingen ja auch niemanden, mit uns zu tanzen.“

Protest gegen BR-Bericht

Der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Bayern hat beim Bayerischen Rindfunk gegen eine „kirchenfreundliche und dabei faktenverzerrende Berichterstattung“ protestiert. Auslöser war eine mit dem Titel „Religion ja, Kirche nein: Weniger Kirchenmitglieder in Bayern“ überschriebene Meldung vom 15. April 2025 auf BR24. Darin geht es um die anhaltend hohen Kir­chen­austrittszahlen.

Gleich im Vorspann des Berichts findet sich die Behauptung: „„religiös sind die Menschen trotzdem“. Darauf entgegnet der bfg Bayern, dass diese Aussage nicht durch die Befunde der Sozialwissenschaften gedeckt sei. Denn Religion verliere generell an Bedeutung in der Gesellschaft. Dies zeige sich beispielsweise in der ALLBUS-Umfrage 2023, in der mehr Menschen als Austrittsgrund „… weil ich in meinem Leben keine Religion brauche“ angaben als „… weil ich auch ohne Kirche glauben kann“. Auch die sechste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ergebe, dass sich 56 Prozent der Menschen „uneingeschränkt nicht religiös“ verstehen.

Des weiteren kritisiert der bfg-Vorsitzende Frank Riegler, dass die „Caritas-Legende“ verbreitet werde. Dabei wird der Eindruck erweckt, als müssten soziale Dienstleistungen eingeschränkt oder vom Staat übernommen werden, falls die Kirchensteuereinnahmen in Folge der Kirchenaustritte langfristig sinken. Da die Kirchen nur einen Bruchteil der Kosten sozialer Einrich­tungen in ihrer Trägerschaft aus Kir­chen­steuermitteln finanzieren, sei es falsch zu behaupten, dass sie „wegen der fehlenden Kirchensteuer [...] ihr soziales Engagement zurückfahren“ müssten.

Das Schreiben des bfg schließt mit der Bitte, „die gesellschaftlichen und finanziellen Fakten so zu benennen, wie sie sich darstellen, und nicht aus dem Wunsch heraus, dass Religionen weiterhin eine gesellschaftliche Rolle spielen mögen“.