Tanzen mit und ohne...
Auch dieses Jahr fanden am Karfreitag zahlreiche „unchristliche“ Tanzveranstaltungen als Protest gegen die Feiertagsgesetzgebung statt. Dabei zeigte sich, dass die Rechtsauffassung der Behörden nicht im Ansatz einheitlich ist – und die Veranstalter reagierten darauf mit sehr unterschiedlichen Strategien.
In Bochum gehört die öffentliche Aufführung des Monty-Python-Klassikers Das Leben des Brian längst zu den amtlich beglaubigten Karfreitags-Ritualen. In diesem Jahr erteilte die Bezirksregierung Arnsberg die Ausnahmegenehmigung nicht nur für den Film sondern auch für eine Tanzveranstaltung. Diesem Weg hatte das Bundesverfassungsgericht gewiesen, als es nach Verfassungsbeschwerden des Bundes für Geistesfreiheit (bfg) München wie auch der Initiative Religionsfrei im Revier die Möglichkeit ins Spiel brachte, dass die Behörden Ausnahmegenehmigungen erteilen können, sofern ein weltanschaulicher Hintergrund der Veranstaltung erkennbar sei.
Damit mogelte sich das Bundesverfassungsgericht um die Feststellung herum, ob die Feiertagsgesetze mit ihren teils sehr weitgehenden, sogar private Feiern betreffenden Einschränkungen mit dem Grundgesetz vereinbar seien. Um hier eine Klarstellung herbeizuführen, verzichteten einige Gruppen auf die entsprechenden juristischen Winkelzüge. Die Veranstalter in Bremen legten Wert darauf, bewusst keine Sondererlaubnis beantragt zu haben. „Die Beantragung der Ausnahme, ist die Anerkennung der Regel“, heißt es in einer Stellungnahme. Einem möglicherweise noch anstehenden Bußgeldbescheid sehen sie gelassen entgegen: „Der daraus entstehende Schaden für Kirche und Staat wird um ein Vielfaches höher als die eingeforderte Buße“.
Ohnehin wurde die Ausnahmegenehmigung nicht überall ohne weiteres erteilt. Während in Bayern der bfg gleich in drei Städten zum Tanz aufforderte, schalteten die Behörden in Stuttgart auf stur. Dort gab es zunächst keine Ausnahmegenehmigung für die Aufführung von Das Leben des Brian. Pikant, dass sich die Stadt auf Stellungnahmen der Kirchen berief (dass das Ordnungsamt „durch die mit der Vorführung eines Filmes bewirkten Belustigung“ einen „erhöhten Alkoholgenuss“ fürchtete, fällt dann in den Bereich Realsatire).
KdFSMD zum EGMR
Die Kirche des Fliegenden Spaghetti- monsters Deutschland e.V. (KdFSMD)will ihre Anerkennung als Weltanschauungsgemeinschaft nun mit einer Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg erreichen. Deutsche Gerichte hatten ihr diesen Status bislang nicht zusprechen wollen.
Auslöser der Auseinandersetzung war im Jahr 2014, dass die Pastafari in Templin an den Ortseinfahrten Hinweisschilder für ihre „Nudelmessen“ anbringen wollten (analog zu den Tafeln der beiden großen Kirchen, die damit die Gottesdienstzeiten bekannt geben). Nachdem die Stadt die Genehmigung dafür zunächst erteilt hatte, wurde diese – mutmaßlich als Reaktion auf Proteste der Kirchen – später widerrufen. Die angerufenen Gerichte konnten sich nicht dazu durchringen, die KdFSMD als Weltanschauungsgemeinschaft anzuerkennen, obwohl diese zahlreiche Unterlagen beigebracht hatte, die eine solche Einschätzung zumindest nahelegen. Das Bundesverfassungsgericht lehnte es ab, den Fall zur Entscheidung anzunehmen.
Vor dem EGMR rechnen sich die Pastafari gute Chancen aus, Recht zu bekommen. Im Unterschied zu den FSM-Kirchen aus Polen und der Niederlande, die in ähnlich gelagerten Fällen ebenfalls nach Straßburg gezogen sind, versteht sich der deutsche Zweig nicht als „Religion“, sondern als „Weltanschauung“: In der Satzung wird explizit auf den evolutionären Humanismus Bezug genommen. Das Fliegende Spaghettimonster diene also lediglich als satirisches Mittel zum Erreichen des Vereinszweckes.
Kein Gott, kein Trost?
Mit Fragen, die anlässlich eines Todesfalles jeden betreffen können, setzte sich eine Tagung der Humanistischen Akademie Berlin-Brandenburg auseinander: Wie könnte eine neue Kultur des Abschieds aussehen, welche Formen von Trost und Trauer sind unter Humanist_innen üblich, gibt es ein Bedürfnis nach humanistischer Seelsorge und Trauerzeremonien?
Die Vorträge setzten sehr unterschiedliche Akzente. Der Philosoph Wilhelm Schmid befasste sich mit der Bedeutung und Herkunft des Wortes Trost, während Franz Josef Wetz die Position vieler Naturalist_innen, der Tod sei eine biologische Tatsache, die unausweichlich sei und uns deshalb eigentlich auch nicht kümmern müsse, infrage stellte. Andere Beiträge wie der von Eva Vogt, die als Trauerbegleiterin arbeitet, oder der humanistischen Seelsorgerin Anke Lauke konzentrierten sich stärker auf den konkreten Umgang mit Trauernden.
Die Diskussionen verliefen durchaus kontrovers, etwa um die Frage, ob es sinnvoll ist, von „falschem Trost“ zu sprechen, wenn der Bezug auf Transzendentes ins Spiel kommt; oder ob es mit einem humanistischen Selbstverständnis vereinbar sei, mit einem Begriff wie „Seelsorge“ zu arbeiten. Akademie-Präsident Ralf Schöppner hat angesichts des großen Interesses schon in Aussicht gestellt, am Thema Sterblichkeit und Tod dranzubleiben.