Humanistenpartei im Aufwind
Erst ein Jahr ist die Partei der Humanisten (PdH) alt, und ihre Mitgliederzahl bewegt sich bisher im unteren dreistelligen Bereich. Aber in der säkularen Szene punktet sie beachtlich. Zu einem regionalen Treffen in München kamen sogar im Ferienmonat August immerhin 22 Mitglieder und Interessenten. Der Gedankenaustausch entwickelte sich in sehr positiver Weise, denn der Bundesvorstand besteht zwar fast ausschließlich aus jungen und engagierten Idealisten, die aber gleichzeitig viel Realitätssinn mitbringen und sehr wohl wissen, dass eine Kleinpartei nicht immer einen Aufschwung nehmen wird wie die Piraten (bis zu deren selbstverschuldeten Absturz).
Die PdH ist jedenfalls die erste Partei, die die Trennung von Staat und Kirche zu einem ihrer Schwerpunkte machen. Dabei zeigte sich in der Diskussion, dass ihre Forderungen konsequent, aber im Ton moderat sind. „Wir wollen nicht die Kirchen abschaffen, sondern ihre Privilegien“, meinte ihr Chefstratege Beka Kobaidze. Zur Frage, ob die PdH nicht die säkularen Arbeitskreise der Grünen, Linken oder der SPD schwächen, meinte der stellvertretende Landesvorsitzende des Bundes für Geistesfreiheit Bayern, Gerhard Rampp: „Das habe ich früher auch geglaubt, aber das Gegenteil ist richtig: All die anderen Parteien betrachten ihre laizistischen Arbeitskreise als Spielwiese für Ungläubige, die sie nicht wirklich ernst nehmen. Aber wenn die Humanisten mehr als drei Prozent bei Wahlen bekommen, werden die anderen auf die Gruppe der Konfessionsfreien ebenso aufmerksam, wie sie früher den Umweltschutz entdeckt haben, als die Grünen hochkamen. Eine starke Humanistenpartei wird die Wichtigkeit der Laizisten bei Linken, Grünen und der SPD steigern.“ Tatsächlich traten auch mehrere PdH-Mitglieder beim Bund für Geistesfreiheit ein, deren Programm sie als „nahezu deckungsgleich“ betrachten. Inzwischen ist die PdH dabei, mehrere Landesverbände zu gründen.
Science Slam in Ffäm
Es war nicht das erste Mal, dass sich der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) der Wissenschaft zugewandt hat, aber bisher standen immer nur einzelne Wissenschaftler auf der Bühne, wie James Randi, der 2004 den Erwin-Fischer-Preis verliehen bekam, oder der Punksänger und Evolutionsbiologe Greg Graffin, der im vergangenen Mai den Sapio erhielt. Diesmal hingegen traten zwei Forscherinnen und fünf Forscher gegeneinander an, um zu ermitteln, wer das Publikum mit einer zehnminütigen Darstellung der eigenen Forschung am meisten begeistern würde.
Die Bühne stand im Café 1 der FH Frankfurt am Main. Schon die Kulisse mit aufblasbaren Sesseln, mit bunten Flüssigkeiten gefüllten Reagenzgläsern und angestrahlten Gelee-Gehirnen signalisierte, dass es an dem Ort, an dem sich sonst Poetry Slammer messen, diesmal um Wissenschaft ging.
Zunächst traten vier Slammer_innen an: Der Psychologe Rainer Banse erörterte, ob es glücklicher macht, sich selbst einen Partner, eine Partnerin zu suchen oder Mutti machen zu lassen. Zur Überraschung aller schnitten arrangierte Ehen in der Selbsteinschätzung der Eheleute nicht schlechter ab als frei gewählte Partnerschaften.
Die Pharmazeutin Claudia Courts nahm Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) unter die Lupe. Sie hatte bei ihren Recherchen in einer einschlägigen Apotheke gearbeitet, überrascht die Steigerung der Fruchtbarkeit durch Fledermauskot entdeckt und die Frage, ob da „Chemie drin“ ist, tapfer ertragen.
Die Biologin Patricia Hess stellte dem Publikum anhand eigener amüsanter Illustrationen die Familie der Sandgräber (etwas despektierlich „Wurst im Pelz“ genannt) und ihre komplizierten Verwandtschaftsverhältnisse vor.
Den Sieg in der ersten Runde trug jedoch Cornelius Courts davon, der das Publikum mit seinen Ausführungen über Kopfschuss, Back Spatter und Pistolen, die sich nicht an die Omerta halten, sondern Geheimnisse ausplaudern, begeisterte.
Nach der Pause vollbrachte der Philosoph und Volkswirt Kai Kühne das Kunststück, das Publikum mit seiner PowerPoint-Präsentation zum Thema „Politische Arbeitsrechtsprechung“ zum Lachen zu bringen. Auch er hatte eigene und sehr witzige Illustrationen im Gepäck.
Der Chemiker Jörg Kossmann er klärte im Super-Cosi-Outfit die Herstellung von Superlegierungen, die z.B. in Flugzeugturbinen heroische Leistung vollbringen.
Sehr beeindruckend fand das Publikum Johannes von Borstels Auftritt zum Thema Herzkammerflimmern und Wiederbelebung. Sein Hochleistungsgezappel, das den Zuschauer_innen die verschiedenen Störungen der Herzfunktion vor Augen führte, war gymnastischer Höhepunkt des Abends.
Als der Moderator die beiden Vorrundensieger auf die Bühne bat und zur Abstimmung über den Tagessieg schritt, wurde es ganz eng – erst im Stechen konnte sich Borstel durchsetzen. Geehrt wurde er mit einem IBKA Science Slam-Bembel.
Ulm ehrt Freidenker
In einer lebendigen Festveranstaltung ehrten die Ulmer Freidenker ihren langjährigen Vorsitzenden, nach dem die Stadt den Heinz-Feuchter-Weg benannt hat. In einer anschaulichen Präsentation zeichneten verschiedene Sprecher und Filmemacher den Weg Heinz Feuchters vom jungen Antifaschisten zum Gewerkschafter, Naturfreund, SPD-Mitglied seit 1945 (bis zum NATO-Angriff auf Serbien 1999) und Freidenker-Vorsitzenden nach. Heinz Feuchter zeichnete sich nicht nur durch Grundsatztreue aus, sondern auch durch seine verbindliche Art. Kleinliche Verbandszänkerein lehnte er immer ab und suchte sie durch inhaltliche Zusammenarbeit zu überwinden.
Bemerkenswert war nicht nur der rege Besuch mit etwa 70 Anwesenden, sondern auch die spürbar enge Vernetzung mit anderen eher linken Organisationen, die freilich auch der persönlichen Wertschätzung für Heinz Feuchter zu verdanken war.