Neulich | Veröffentlicht in MIZ 2/21 | Geschrieben von Daniela Wakonigg

Neulich …

... an der Wahlurne

Für Säkulare in Deutschland ist es eine echte Herausforderung, bei der anstehenden Bundestagswahl das Kreuz an der richtigen Stelle zu machen. Wobei „richtig“ natürlich relativ ist. Während dem einen Säkularen liberale Wirtschaftspolitik wichtiger ist, betrachtet die andere Säkulare vielleicht den Umwelt- und Klimaschutz als zentraleres Thema. Was uns bei allen Unterschieden eint, dürfte jedoch der Wunsch nach einer Politik sein, die endlich für eine effektive Trennung von Staat und Religion eintritt. Doch genau in diesem Punkt schwächeln alle Parteien, die eine Chance haben, über die 5-Prozent-Hürde zu rutschen, gewaltig. Jene Partei, die nach aktuellen Umfragen die beste Chance hat, den nächsten Bundeskanzler zu stellen, ist dabei der größte Hemmschuh. Falls es tatsächlich einen Bundeskanzler Armin Laschet geben wird, brechen für die säkulare Sache in den kommenden vier Jahren harte Zeiten an.

Bereits während seiner Zeit als Ministerpräsident in Nordrhein-West­falen hat der CDU-Parteivorsitzende Armin Laschet gezeigt, was ein Land unter seiner Führung in punkto Religionsfreundlichkeit zu erwarten hat. Im Interview mit dem christlich-konservativen Medienmagazin pro erklärte er, dass seiner Meinung nach die Bergpredigt unser Kompass sein sollte. Er hält nichts von der Selbstbestimmung am Lebensende, dafür umso mehr von dem, was er als Wert der Familie betracht. Der klassischen, versteht sich, weshalb er bei der Abstimmung über die gleichgeschlechtliche Ehe NRW im Bundesrat zur Enthaltung drängte. So ist es auch der Initiative des Dunst­kreises um Laschet zu verdanken, dass demnächst der Verband kinderreicher Familien in Deutschland im WDR-Rundfunkrat vertreten sein wird – ein christlich geprägter Verein, in dem sich u.a. Vertreter tummeln, die den christlich-funamentalistischen „Marsch für das Leben“ unterstützen. Ach ja, zeitgleich wurde übrigens der Sitz der säkularen Vertreter im WDR-Rundfunkrat gestrichen. Doch auch die anderen Religionen vergisst Laschet nicht. Im Sommer 2021 sorgte die Regierung Laschet dafür, dass die konservative DITIB in NRW nun über die Inhalte des islamischen Religionsunterrichts mitbestimmen darf.

Was will man anderes erwarten von einem Mann mit so schwerwiegendem Katholizitätshintergrund wie Laschet, der sich, bevor er der Welt das Unglück bescherte, in die Politik zu wechseln, als Chefredakteur der Kirchenzeitung für das Bistum Aachen betätigte und während seines politischen Lebens mehrere Posten kirchennaher Organisationen bekleidete, beispielsweise als Verwaltungsrat des päpstlichen Missionswerks missio oder als Stiftungsbotschafter der kirchlichen Stiftung pro missio.

Noch schlimmer ist jedoch, dass man mit Laschet voraussichtlich auch seine rechte Hand Nathanael Liminski einkaufen wird (siehe MIZ 2/21, S. 11). Wer als Säkularer bei der Bundestagswahl überlegt, wo er sein Kreuzchen machen soll, sollte sich daher äußerst gut überlegen, ob dieses Kreuz hilft, einen Bundeskanzler Laschet eher zu verhindern oder zu unterstützen.