Ayaan Hirsi Ali: Reformiert Euch! Warum der Islam sich ändern muss. Albrecht Knaus Verlag, München 2015. 302 Seiten, gebunden, 19,99 Euro, ISBN 978-3-8135-0692-1.
Gleich zu Beginn des Buches ist zu lesen: „Lassen Sie es mich ganz einfach formulieren: Der Islam ist keine Religion des Friedens.“ Die, die diesen Satz so klar und ehrlich wie kaum ein anderer formuliert, ist die bekannte Frauenrechtlerin, Politikerin und Häre- tikerin Ayaan Hirsi Ali. Sie hat seit vielen Jahren ihr Lebensthema gefunden: die Kritik am Islam. Über sich selbst sagte die Autorin vor kurzem in einem Interview: „Ich wurde erzogen zu einer Muslimin, die gefangen war zwischen ihrem Glauben und der Moderne. Später folgte ich den Medina-Muslimen, einer militanteren Form des Glaubens, die sich zu den Ursprüngen des Korans bekennt. Und zuletzt wurde ich zur Häretikerin, zu einer Person, die das Glaubenssystem hinterfragt. Darüber bin ich sehr froh (...).“
In acht Kapiteln setzt sich die Autorin mit den Fundamenten des Islams kritisch auseinander. Das Buch ist sowohl faktenreich als auch gestochen scharf formuliert. Wie bereits in ihren vorangegangenen Werken arbeitet sie sich an den Argumenten derer ab, die nicht müde werden zu betonen, dass Terror und Gewalt nichts mit dem Islam zu tun hätten. Ayaan Hirsi Ali kommt zu einem ganz anderen Schluss. Zu diesem Zweck nennt sie fünf grundlegende Konzepte des Islam, welche mit der Moderne unvereinbar seien: die Scharia, der Heilige Krieg, die wörtliche Auslegung des Korans, die Verpflichtung des gewöhnlichen Muslims, Recht zu gebieten und Verwerfliches zu verbieten, sowie die Betonung des Jenseits gegenüber dem Diesseits. Darüber hinaus teilt sie die Muslime in drei Gruppen ein: die traditionalistischen Mekka-Muslime, die buchstabentreuen Medina-Muslime und die Dissidenten und Reformer.
Sowohl in den westlichen Medien als auch in der Politik gibt es viele, die die Kritik Ayaan Hirsi Alis am Islam wohlwollend zur Kenntnis nehmen und sich in ihren Vorurteilen bestätigt fühlen werden. Doch die Autorin übt nicht nur Kritik am Islam und seinen Befürwortern, sondern nimmt zugleich den Westen in die Pflicht, mehr Verantwortung zu übernehmen und die mit der Aufklärung errungenen Freiheiten zu verteidigen. Sie übt Kritik an denen, die immer wieder eine Trennung zwischen Islam und Gewalt vornehmen und nicht bereit sind, das Glaubensgebäude einer tiefgreifenden Kritik – Ali nennt es Reformation – zu unterziehen. Gleichzeitig distanziert sie sich von den rechten und reaktionären Parteien und Bewegungen, die derzeit in Europa großen Zulauf verzeichnen.
So wichtig und richtig das Buch in weiten Teilen ist, so problematisch endet es. Denn Ayaan Hirsi Ali ist davon überzeugt, dass ein zeitgemäßer Islam möglich und es die Pflicht des Westens sei, die Reformatoren des Glaubens zu unterstützen. Aber welches Interesse könnten dann noch gläubige Muslime an einem zwar zeitgemäßen, aber inhaltsleeren Glaubensgebäude haben? Gerade am Beispiel des Christentums zeigt sich doch, dass die Entledigung aller Inhalte nicht zuletzt zu einem Erstarken fundamentalistischer Strömungen führt.