Grüne Wiesen, urwüchsige Natur und jede Menge Katholizismus. So kennt man Irland. Doch die katholische Kirche bekommt auf der grünen Insel derzeit ein immer größeres Image-Problem. Jahrzehntelang hatten sich die Iren Schauermärchen von angeblichen Massengräbern bei alten katholischen Kinderheimen zugeraunt – doch auf der Insel erzählt man ja auch so manches Wunderliche von Feen und Kobolden. Für ein ehemaliges Mutter-Kind-Heim in der westirischen Kleinstadt Tuam jedenfalls haben sich die Schauermärchen nun bewahrheitet. Eine von der irischen Regierung eingesetzte Untersuchungskommission bestätigte, dass sich auf dem Grundstück des bis 1961 von katholischen Nonnen betriebenen Heims ein Massengrab mit den Gebeinen von rund 800 Kindern befindet. Die meisten von ihnen nicht älter als zwei oder drei Jahre. Es ist der aktuelle Höhepunkt einer Serie von Enthüllungen, die die den irischen Katholizismus in den letzten Jahren alles andere als gut aussehen ließ.
Verschiedene staatliche Untersu chungskommissionen und Journalisten haben aufgedeckt, dass in irischen Heimen, die von katholischen Orden betrieben wurden, die Sterblichkeit von jungen Müttern und Kindern deutlich höher lag als im Bevölkerungsdurchschnitt. Und wir reden hier über Zahlen aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts! Unverheiratete Mütter wurden in Mutter-Kind-Heimen mit Strafarbeiten erniedrigt, um sie für ihre Unkeuschheit büßen zu lassen. Waren sie minderjährig, so wurden ihnen gegen ihren Willen die Kinder weggenommen und diese – für großzügige Spenden an die Ordenskasse – als Adoptivkinder an christliche Ehepaare verschachert. Von einem regelrechten Schwarzhandel mit Kindern ist zu lesen. Wer damals als Kind das Pech hatte, in einer katholischen Institution aufwachsen zu müssen, wurde wie ein Sklave behandelt. Erniedrigungen, Hunger, Schläge, Vergewaltigungen und Missbrauch jeglicher Art waren bei vielen Orden an der Tagesordnung. Auch gegenüber der Wissenschaft zeigten sich einige katholische Einrichtungen aufgeschlossen und stellten ihre jungen Heiminsassen gern für medizinische Experimente mit Impfstoffen zur Verfügung. Kurzum: Es ist der Stoff, aus dem Horrorfilme gemacht sind.
Und der Horror geht weiter. Obwohl sich die kirchlichen Orden, in deren Einrichtungen der Missbrauch stattfand, an den Entschädigungszahlungen und den Kosten für die Aufklärung der Verbrechen beteiligen, werden diese Kosten zum größten Teil vom Staat getragen. In jüngster Zeit kam das einigen Politikern nicht ganz koscher vor, weswegen sie forderten, dass die betroffenen Orden doch bitte wenigstens die Hälfte der voraussichtlich 1,5 Milliarden Euro an Entschädigungszahlungen tra- gen sollten. Einer der angesprochenen Orden wies diesen Vorschlag in der öffentlichen Debatte nun mit höchster Empörung zurück. Der Orden der „Missionierenden Oblaten der Unbefleckten Jungfrau Maria“ erklärte die Forderung der Politiker für …. und jetzt bitte gut festhalten … unmoralisch.