Prisma | Veröffentlicht in MIZ 2/24 | Geschrieben von Zeinab Herz

Islamistische Narrative bei FUNK: 
„Alman Sabine“ halbnackt

In einem Instagram-Video von FUNK wird „Alman Sabine“ parodiert, die angeblich das Vorurteil hat, dass nicht der Hijab sondern „nur Nacktheit Freiheit sein kann“. Tragisch ist nicht nur die implizierte Annahme, dass das Gegenteil des Hijabs Nacktheit sei, was in konservativen islamischen Gemeinschaften als ehrlos betrachtet wird, sondern auch, dass im Video das Zwangskopftuchtragen vieler Musliminnen ins Lächerliche gezogen wird.

Heutzutage scheint es für FUNK1 normal zu sein, Ex-Muslime und unterdrückte Musliminnen im Namen der Satire zu verspotten. In einem freien Land sollte jedoch niemand, weder Ex-Muslime und auch nicht „Almans“, gezwungen sein, einen Rundfunkbeitrag zu zahlen, der zur Verbreitung islamistischer Narrative dient.

Jeden Monat wieder veröffentlicht FUNK ein Video, das das frauenfeindliche Kopftuch verherrlicht. Vor einem Jahr machte sich das Format des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über den Netflix-Charakter „Aischa“,2 ein introvertiertes Mädchen, lustig. Sie hat sich in einen Jungen verliebt, hat die Entscheidung getroffen, das Kopftuch abzulegen und mit diesem Jungen zusammen zu sein. „Endlich werde ich nicht mehr gezwungen“, karikierten sie und lachten über Frauen wie mich, die in jungen Jahren zum Hijabtragen gedrängt wurden und stets Abstand zu gleichaltrigen Jungs halten mussten.
Am 24. Juni veröffentlichte FUNK ein Kurzvideo auf der Social-Media-Plattform Instagram.3 Die vorurteilsbeladene „Alman Sabine“ versteht eine Kopftuchträgerin, der lediglich heiß ist, falsch und hört aus ihr: „Wenn ich es (das Kopftuch) nur ausziehen könnte. Aber ich werde leider gezwungen und unterdrückt, vor allem von meinem Vater.“
Dies ist für mich nicht zum Lachen, da mir mein Vater ebenfalls verboten hat, das Kopftuch abzulegen und mit einem Ungläubigen zusammen zu sein. Dieses Massenphänomen, das nicht nur in der islamischen Welt existiert, sondern auch in Deutschland, schränkt die Freiheit und Selbstbestimmung vieler Frauen ein. Ich kann nicht eines morgens als Kopftuchträgerin aufstehen und mich entscheiden heute „mal keins zu tragen“, denn ich muss mich dieser patriarchalischen Vorstellung Allahs über meinen Körper unterwerfen. Es ist Allah, meine Familie oder meine islamische Gesellschaft, die mich fremdbestimmen und entscheidet, was ich tragen soll. Wer sich entscheidet den Hijab abzulegen, dem droht in Deutschland der Bruch mit der Familie, eine soziale Isolation bis hin zu Ehremorden.
„Alman Sabine“ versteht danach: „Dabei will ich doch nur frei sein und halbnackt herumlaufen und mich ausziehen, so wie es sich gehört. Denn nur Nacktheit kann Freiheit sein, sonst nichts anderes.“ Zur Wahrheit gehört, dass niemand zum Ausziehen beziehungsweise Nacktsein gezwungen wird, zum Hijabtragen jedoch schon. Da hätte ein einfacher Blick in die Nachrichten über den Freiheitskampf der iranischen und afghanischen Frauen gereicht.

Die Misogynie

Im FUNK-Video wird der Gegensatz zwischen Hijab und Nacktheit für Frauen dargestellt, genau das, was mir als junges Mädchen beigebracht wurde. Das Kopftuch wurde mir als Schutz verkauft – ein Schutz vor Belästigungen der Männer für mich als Frau. Dies propagierte FUNK vor zwei Jahren im Video Mein Kopftuch, meine Wahl4 auf YouTube, ironischerweise im Jahr nach der Eroberung Afghanistans durch die Taliban, wonach Frauen keine Wahl hatten und dies keine Beachtung von den Datteltätern von FUNK findet.

Meine strenggläubige Tante weigerte sich, mit mir vor die Tür zu gehen, wenn ich nicht meinen gesamten Körper bedeckte. Es war ihr peinlich, mit einem Mädchen gesehen zu werden, das „so wenig“ anhatte, weshalb ich gezwungen war, eine Jacke über mein T-Shirt zu ziehen. Damals war ich die halbnackte Sabine.

Die islamistischen Narrative

Viele Frauen begründen das Kopftuch­tragen mit Moral, so auch die TikTokerin „Islamijabi“, die sagte: „Wir wollen mit Respekt behandelt werden.“5 All das impliziert, dass Nicht-Kopftuchträgerinnen unmoralisch handeln und durch ihr „Halbnacktsein“ zur Respektlosigkeit und zur Belästigung einladen. Ich frage mich, ob ich als Ex-Muslimin von FUNK als „Alman Sabine“ wahrgenommen werde, wenn ich tatsächlich der Meinung bin, das Kopftuch sei eine frauenfeindliche Unterdrückung.

Die Videos von FUNK reihen sich ideal in die Erzählung der Islamisten ein. So predigte einer der bekanntesten islamistischen Influencer auf TikTok Abul Baraa: „Die schlimmsten unter euren Frauen sind diejenigen, die freizügig herumlaufen… Sie sind die Heuchlerinnen.“ (YouTube, 31:53).herz Der Wert der Frau hängt für Abul Baraa vom Grad der Freizügigkeit ab, wobei diese Freizügigkeit von FUNK als Nacktheit diffamiert wird.
Man stelle sich vor, eine Ex-Muslima bei FUNK hätte ein Satirevideo über das Kopftuchtragen veröffentlicht und sich über den Freiheitsgedanken dieser Fremdbestimmung lustig gemacht. Sie wäre als „islamophobe“ Rassistin beleidigt worden, abgesehen davon, dass ein öffentlich-rechtlicher Sender sowieso keine satirischen Beiträge über den Islam herausbringen würde.
Doch die Dreistigkeit des Ganzen ist, dass ich gezwungen werde, einen Ex-Muslim-feindlichen und aufklärungsverspottenden Kanal zu finanzieren, der die Sichtweise der Islamisten befeuert. Es ist nicht FUNKs erster Griff ins Klo. Daher ist die Definanzierung dieses Kanals nötiger denn je.

Anmerkungen

1 FUNK definiert sich selbst als „das Content-Netzwerk von ARD und ZDF“. Es ist der Versuch des ÖRR, junge Menschen zu erreichen, die mit dem linearen TV-Programm nicht mehr erreichbar sind.
2 https://www.youtube.com/shorts/Ir8So-QCX7g (Zugriff jeweils am 19.7.2024)
3 https://www.instagram.com/reel/C8l_ 
oyKMFML/?utm_source=ig_web_button_
share_sheet&igsh=MzRlODBiNWFlZA %3D%3D
4 https://www.youtube.com/watch?v= z62dJaHUknc
5 https://www.tiktok.com/@islamijabi/video/7243856973660261659?_r=1&_t=8nhu7Sj3dVA
6 https://www.youtube.com/watch?v= 0NN0s466qaw

Zuerst veröffentlicht im Humanistischen Presse­dienst (hpd.de). Abdruck mit freundlicher Genehmigung.