Hallelujah! Für den Marienmonat Mai ließ Papst Franziskus zu einem Sturmgebet für das Ende der Corona-Pan demie aufrufen. Einen Gebets-Marathon verkündete der Vatikan, an dem jeder mitmachen könne – man brauche nur einen Rosenkranz. Zum Ansporn gab es für die Gläubigen jeden Abend eine Live-Gebetsübertragung aus einem anderen Marienwallfahrtsort auf der ganzen Welt. Ein geschickter Schachzug des Papstes, denn im Mai sanken die Coronazahlen dank der inzwischen verfügbaren Impfstoffe bekanntlich erheblich. Was gläubige Schäfchen aufgrund des schlauen vatikanischen Timings vermutlich auf die Kraft des Gebets zurückführen werden. Der alte Hut vom Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität.
Den Plan, Corona durch Gebete zu besiegen, hatte vor einigen Monaten auch Tansanias Präsident John Magufuli. Als christlich fundamentalistischer Corona-Leugner hielt Magufuli die Aussage, dass das Virus gefährlich sei, für eine Verschwörung der WHO, weswegen er in seinem Land keine der gängigen Coronaschutzmaßnahmen erließ. Auch Impfstoffe bestellte er nicht für Tansania, da er deren Wirkung in Zweifel zog. Beten war nach Ansicht Magufulis das einzige, was gegen Corona hilft. Magufuli persönlich half das Beten allerdings nicht. Ebenso wie andere Politiker aus seinem Umfeld starb Magufuli im März 2021 nach kurzer Krankheit recht unerwartet. Dass sein Tod durch Covid verursacht wurde, wollte die Regierung jedoch nicht bestätigen.
Die Ereignisse offenbaren einen deutlichen qualitativen Unterschied zwi schen der seit Jahrhunderten erprobten PR-Maschinerie des Katholizismus und indivuellem christlichem Fundamentalismus der Prägung Magufulis. Während Magufuli tatsächlich allein auf das Gebet vertraute, setzte der Vatikan neben dem Gottglauben sicherheitshalber auch auf die Wissenschaft. Schon im Januar hatte man dort mit einer groß angelegten Impfkampagne begonnen. Doch während man im Vatikan dem Gebet ganz offensichtlich nicht mehr ohne Sicherungsseil vertraut, weiß man dort auch haargenau, wie man den eigenen Schäfchen die Wirksamkeit des Gebets trotzdem erfolgreich verkaufen kann: Man muss einfach nur zum richtigen Zeitpunkt zum Gebet aufrufen. Als die Coronazahlen stiegen und noch kein Impfstoff in Sicht war, war aus dem Vatikan kein Aufruf zum Sturmgebet zu hören. Gott bewahre! Ein Sturmgebet bei steigenden Infektionszahlen hätte nur allzu deutlich die Unwirksamkeit des Betens belegt und die Schäfchen vielleicht gar ins Grübeln gebracht. Die von Magufuli gewählte Strategie war dagegen wesentlich stümperhafter: Er untersagte einfach die Veröffentlichung der Coronainfektionszahlen seines Landes. Nett gedacht, doch wenn die Menschen reihenweise krepieren, vielleicht doch nicht wirklich überzeugend.