Neulich | Veröffentlicht in MIZ 3/21 | Geschrieben von Daniela Wakonigg

Neulich …

... Kölle Allah(f)!

Bei den Kölnern kann man ja nie sicher sein, ob es sich bei merkwürdigen Verlautbarungen nicht vielleicht doch um einen Karnevalsscherz handelt. Vor allem so kurz vor dem Start der närrischen Zeit. Aber nein, die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker meint es tatsächlich ernst. In Köln sollen nach dem Willen der Oberbürgermeisterin nicht mehr nur christliche Kirchen per Glockengeläut auch nicht- und andersgläubige Men­schen lautstark beschallen dürfen, sondern zukünftig auch muslimische Gemeinden per Muezzin-Ruf. Und zwar jeden Freitag in der Zeit von 12 bis 15 Uhr. Ein Modellversuch, der zunächst auf zwei Jahre angelegt ist, nach dieser Zeit aber mit Sicherheit weitergeführt wird, wenn sich das Ganze erstmal etabliert hat.

Nun gibt es Einige, die meinen, dass es hierbei um eine Frage der Toleranz und Gleichberechtigung von Religionen gehe, da die Kirchen ja schließlich auch Lärm machen dürften. Lustigerweise geht es aber beim Ruf des Muezzins zum Freitagsgebet inhaltlich eben genau nicht um Toleranz und Gleichberechtigung von Religionen, sondern um das Gegenteil davon: „Allah ist der Allergrößte. Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer Allah gibt. Ich bezeuge, dass Muhammad der Gesandte Allahs ist.“ So die deutsche Übersetzung des üblicherweise auf Arabisch gesungenen Gebetsrufs. Mit anderen Worten: Mein Gott ist der Größte, alle anderen Götter sind Bullshit. Keine Gleichberechtigung, keine Toleranz, purer Überlegenheitswahn.

Islamkritikerinnen und -kritiker, die selbst aus muslimischen Kontexten stammen, halten die Entscheidung der Kölner Oberbürgermeisterin für fatal. Umso mehr, als die größte Kölner Moschee, die zentrale DITIB-Moschee, deren Ruf weithin zu hören sein wird, bekanntlich ein Ort des konservativen, türkisch-nationalistisch aufgeladenen Islam ist. Wer im Überlegenheitswahn der eigenen Religion und des eigenen Nationalstolzes gefangen ist, wird eine solche Entscheidung pro Gebetsruf als Sieg werten. Ganz klar ist Allah mit ihnen – anders lässt sich eine solche Entscheidung für religiös Vernebelte kaum deuten. Erneut wird so also durch politische Fehlentscheidungen der konservative Islam in Deutschland gepusht, statt liberalen Muslimen den Rücken zu stärken.

Wie es weitergeht in Köln? Gute Frage. Ob die Hare-Krishnas als Näch­ste nachziehen und beanspruchen, die Mitwelt ebenfalls intensiv durch ihren Gesang belästigen zu dürfen – fett Booster-verstärkt von den höchsten Gebäuden der Stadt, versteht sich. Auch andere Religionen werden sich die Chance schließlich kaum entgehen lassen, im Jahrmarktgebrüll der Religionen ihr Produkt anzupreisen.

Vielleicht finden sich unter all den Rufern dann ja auch ein paar Anhänger des Fliegenden Spaghettimonsters, die mit einem Imbisswagen durch die Rheinmetropole fahren und die Bevöl­kerung per Lautsprecher mit den besten Nudelrezepten segnen. In diesem Fall hätte dieser Irrsinn wenigstens noch einen praktischen Nutzen.