Neulich | Veröffentlicht in MIZ 4/18 | Geschrieben von Daniela Wakonigg

Neulich …

... bei der Whisky-Seelsorge

Männer sind die Sorgenkinder der christlichen Kirchen. Frauen gehen den Glaubensunternehmen gern auf die mit Kirchenbasaren, Schutzengeln und sonstigem esoterischen Klimbim gespickte Leimrute – aber Männer? Nein, die kriegt man so halt einfach nicht.

Sich dieser Tatsache schmerzhaft bewusst, grübelte Thomas Eschenbacher, katholischer Pfarrer aus Bayern, angestrengt darüber nach, wie man denn auch den männlichen Teil von Gottes Schöpfung für die Sache des Heilands gewinnen könne. Eschenbacher ist ein gewiefter PR-Mann im Dienste des Herrn. Jahrelang hielt er in Würzburg einen Gottesdienst für Karnevalisten mit gereimten Predigten und auch die Idee einer Fußball-Wallfahrt für den Wiederaufstieg des FC Nürnberg entstammt seinem Hirn. Kein Wunder also, dass Eschenbacher auch diesmal wieder eine göttliche PR-Eingebung zuteil wurde: Whisky-Exerzitien!

Das spirituelle Angebot, das sich ausschließlich an Männer richtete, lockte mit der Verkostung von verschiedenen Whisky-Sorten und war im Handumdrehen ausgebucht. Während der Verkostung vorgetragene Bibelstellen sollten zum Nachdenken über das Leben anregen. „Das Whisky-Trinken setzt eine Genusskultur voraus, die sich wunderbar ergänzt mit dem Gedanken, sich Zeit zu nehmen für seinen Glauben“, sagte Eschenbacher in einem Interview mit dem Internetportal der katholischen Kirche in Deutschland. „Wie beim Whisky-Trinken erst gerochen und geschmeckt wird, um sich danach über die unterschiedlichen Qualitäten auszutauschen, ist auch bei den Exerzitien Zeit ein wichtiger Faktor, der dem Einzelnen helfen soll, seinem ganz persönlichen Glauben auf die Spur zu kommen. Die persönliche Begegnung mit Gott ist ein echtes Geschmackserlebnis.“

Ob PR-Pfarrer Eschenbacher mit seinen Whisky-Exerzitien tatsächlich dauerhaft Männer für die katholische Kirche fischen konnte oder ob die Herren der Schöpfung nach ihrem wahrscheinlich höllischen Kater den Glauben wieder nüchtern sahen, ist aktuell nicht bekannt.
Übrigens ist Eschenbacher nicht der erste Priester, der die seligmachende Wirkung des Whiskys für die Kirche reklamiert. Unangefochten in seiner inoffiziellen Position als „Whisky-Vikar“ ist der katholische Priester Wolfgang Rothe, Autor des Buchs Wasser des Lebens – Einführung in die Spiritualität des Whiskys. Bereits 2015 organisierte er Whisky-Wallfahrten nach Schottland.

An all dem wäre grundsätzlich nichts auszusetzen, wenn die Gottesmänner mit Hang zu hochprozentiger Spiritualität nur endlich selbst den Kern ihrer Whisky-Botschaft erkennen würden: Religion ist ohne Saufen einfach nicht zu ertragen! Anders gesagt: Nur mit vernebeltem Hirn ist den vermeintlich göttlichen Offenbarungen ein Sinn zu entlocken. Schon die Bibel wusste, wozu der Alkoholgenuss führt: „Deine Augen sehen seltsame Dinge, /dein Herz redet wirres Zeug.“ (Spr 23, 33). Ob auch diese Bibelstelle bei den Eschenbachschen Whisky-Exerzitien vorgetragen wurde? Vermutlich nicht, da sie die Teilnehmer womöglich an ihrem göttlichen Geschmackserlebnis hätte zweifeln lassen.