Buchbesprechung | Veröffentlicht in MIZ 4/23 | Geschrieben von Gerhard Lein

Rezension von Christian Casutt: „Den Bischof bezahlt der Staat“

Christian Casutt: „Den Bischof bezahlt der Staat“. Über die Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen, Aschaffenburg 2022, 136 Seiten, karto­niert, Euro 12.-, ISBN 978-3-86569-358-7

 

Ablösung der Staatsleistungen, insbesondere der sog. Altrechtlichen, so fordert es das BASTA-Bündnis. So weiß es jedes IBKA-Mitglied. Das kommt sogar im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung vor. Und die hat nun ihre ersten zaghaften Gespräche mit den Kirchen und Landesregierungen – warum eigentlich nicht auch mit den zahlenden Nicht-Kirchen-Mitglieder-Organisationen? – nach bockigen Reak­tionen der Länderseite zunächst (?) be­endet.

Was so einfach klingt, ist in Wirk­lichkeit höchst kompliziert. Die einen sagen, weil die Rechtslage so kompliziert ist, andere weil die Kirchen raffig sind und die Zeichen der Zeit mit ihrer dramatisch rückläufigen Mit­gliederzahlen nicht akzeptieren.

Christian Casutt hat mit einem kleinen Band etwas Licht in den Dschungel der Staatsleistungen gebracht. Nach einem kurzen gut gegliederten allgemeinen Teil, hat er sich einem konkreten Fall gewidmet und für das Bundesland Rheinland-Pfalz versucht aufzuschlüsseln, welche Rechtsgrundlagen die Zahlungen des Staates an Kirchen haben. Zuweilen gar keine, weil das immer so gemacht wurde nach dem Krieg... Aber interessant zu erfahren, dass die Regierung in Rheinland-Pfalz es mit immerhin 3 evangelischen Landeskirchen und 5 katholischen Bistümern zu tun hat, die z.T. gleiche aber häufig genug sehr unterschiedliche Ansprüche an den Staat reklamieren. Die Politik der Landesregierung und die z.T. unverfrorene Erwartungshaltung der Kirchen kann man aus einer verbreiteten Hal­tung der Nachkriegszeit erklären, in der aus dem schlechten Gewissen der Nazi-Täter- und -Mitläufer-Genera­tion Zuflucht zu exkulpierender Kirchen­mitgliedschaft gesucht wurde.

Die von Casutt dargestellten vielfältigen unterschiedlichen Rechtslagen, Verträge und Absprachen, bei denen die eine Kirche ihre Interessen vor der anderen lieber geheim hielt, sprechen für sich. Kirche ist nicht nur was für fromme Leute, sondern auch ein spannendes Feld für ambitionierte und z.T. ausgekochte Kirchenjuristen und -finanziers.

Das Fazit Casutts ist eher pessimistisch. In einer Fußnote formuliert er: „Vor dem Erfahrungshintergrund der Vergangenheit darf man vermuten, dass auch die im Koalitionsvertrag der ‘Ampel-Regierung’ (21021) formulierte Absicht zur Ablösung der Staatsleistungen letztlich nicht zum Vollzug des Verfassungsauftrags führen wird.“ (S. 14)

Das Buch ist gerade für religionsfreie Menschen eine spannende Lektüre, die sich in Auseinandersetzungen mit ausgebufften Kirchenlobbyisten be­währen, im politischen Umfeld die Ablösediskussion vorantreiben oder sich für Diskussionen im Bekann­tenkreis mit Sachwissen versorgen wollen. Es ist gut zu lesen.