Nuzzi, Gianluigi: Alles muss ans Licht. Das geheime Dossier über den Kreuzweg des Papstes. Ecowin, Wals bei Salzburg 2015. 384 Seiten, gebunden, 21,95 Euro. ISBN 978-3-7110-0085-9
Es klingt wie ein Thriller aus Hollywood. Im November 2015 wurden in Italien mehrere Personen unter dem Verdacht der, wie es in der Anklageschrift hieß, „Verbreitung vertraulicher Informationen und Dokumente“ festgenommen.
Die Brisanz dieser Verhaftung wird erst auf den zweiten Blick deutlich. Neben (ehemaligen) Mitgliedern der von Papst Franziskus eingesetzten Wirtschaftsprüfungskommission COSEA waren auch zwei Journalisten angeklagt – Emiliano Fittipaldi und Gianluigi Nuzzi. Beide hatten kurz zuvor ihre Recherchen zu Machenschaften innerhalb der Kurie veröffentlicht.
Das von Gianluigi Nuzzi publizierte Werk ist 2015 in deutscher Sprache erschienen. Nuzzi gilt seit Jahren als einer der führenden Experten auf dem Gebiet der Finanzen des Vatikans. In seinem neuesten Buch widmet er sich der Verschwendungssucht der Kurie und legt mit den geheimen Papieren den Finger in eine riesige Wunde.
Die Dokumente weisen eine Vielzahl an Straftaten der Kurienmitglieder nach. So wurden beispielsweise 400 Millionen Euro aus dem so genannten Peterspfennig nicht für karikative Zwecke, sondern für Luxusgüter ausgegeben. Kardinal Tarcisio Bertone, bis 2013 Kardinalsstaatssekretär im Vatikan, hatte darüber hinaus mit Geldern, die für ein Kinderkrankenhaus bestimmt waren, seine Wohnung renovieren lassen. Zwar zahlte Bertone 150.000 Euro zurück, für die Straftat wurde er aber nicht belangt. Überaus interessant ist auch das Verfahren zur Selig- und Heiligsprechung. Nuzzi schreibt dazu in seinem Buch: „Um solche Selig- und Heiligsprechungsverfahren zu beginnen, mussten die Antragsteller bis zu 40.000 Euro zahlen. Wo genau dieses Geld hin ging, ist nicht immer klar. Es existieren keine Nachweise über die Verwendung dieser Gelder! Es handelte sich um viel Geld. Allein während des Pontifikats von Johannes Paul II. wurden 1316 Personen selig- und 483 heilig gesprochen.“
Die Reaktion des Vatikans erfolgte unmittelbar. Anstatt mit Transparenz für Glaubwürdigkeit zu sorgen, ließ der Vatikan diejenigen verhaften, die die Dokumente der Öffentlichkeit zugänglich machen wollten. Dass sie überhaupt verhaftet und vor einem kirchlichen Gericht angeklagt werden konnten, liegt an einer Erweiterung des vatikanischen Strafgesetzbuches, welche im Jahr 2013 in Kraft trat. Mit dem §116 wird die Verbreitung vertraulicher Informationen und Dokumente unter Strafe gestellt. Diese Entwicklung scheint auch im Sinne des Papstes zu sein. Dieser erklärte in einer Ansprache auf dem Petersplatz: „Der Diebstahl dieser Dokumente, die ich und meine Mitarbeiter bereits gut kannten, ist nicht hilfreich. Und es wurden schon Maßnahmen ergriffen, die erste Erfolge zeitigen.“ Damit kann nur die Verfolgung und Bestrafung der Whistleblower gemeint sein.
Nuzzis Buch ist ein überaus wichtig, denn es listet nicht nur die Straftaten der Kurie auf, es zeigt sich auch im Nachgang wes Geistes Kind Papst Franziskus tatsächlich ist.