Rubriken, Zündfunke | Veröffentlicht in MIZ 2/24 | Geschrieben von Redaktion MIZ

Zündfunke

Religionsunterricht abschaffen

Der Internationale Bund der Konfessions­losen und Atheisten (IBKA) hat die Abschaffung des Religionsunterrichts gefordert. Anlass war eine Tagung der Evangelischen Akademie Loccum, auf der über den Stand des islamischen Religionsunterrichts gesprochen wurde. Mit Blick auf die konstant sinkenden Zahlen an Kirchenmitgliedern meinte Andreas Dietz, stellvertretender Landessprecher des IBKA-Lan
desverbands Niedersachsen-Bremen, 
dass es der falsche Weg sei, „Schülerin­nen und Schüler nach den Bekennt­nissen ihrer Eltern“ zu trennen. Sinn­voller sei ein integrativer, religiös und weltanschaulich neutraler Unterricht in Lebensgestaltung, Ethik, Religions- und Weltanschauungskunde, an dem die ganze Klasse gemeinsam teilnimmt.

Grundsätzlich sei ein „Religions­unterricht, der die Glaubensaussagen einer bestimmten Religion oder Konfession als bestehende Wahrheiten vermitteln soll, an staatlichen Schulen so fehl am Platz ... wie beispielsweise parteipolitische Werbung“. Das Privileg des Religionsunterrichts auf weitere Religionsgemeinschaften auszuweiten, hält der IBKA für falsch. Das Modell führe nur dazu, dass „übereinander und nicht miteinander“ gesprochen werde. Zum Islamunterricht stellte der IBKA fest, dass die Erwartung, ein „islamischer Religionsunterricht unter staatlicher Aufsicht“ wirke „extremistischen Tendenzen“ entgegen, durch nichts belegt ist.

Zukunftskongress

Am 21. Juni, dem Welthumanist:innen­tag, hat der Humanistische Verband (HVD) Berlin-Brandenburg einen ganztägigen Zukunftskongress veranstaltet. Dieser stand unter dem Motto „Keine Zukunft? Ohne uns!“.

In ihrer Eröffnungsansprache ver­wies die Vorstandsvorsitzende des Lan­des­verbands Katrin Raczynsk darauf, dass angesichts der zahlreichen Kon­flikte und Problem­lagen, viele Menschen Angst vor der Zukunft hätten und sich nicht in der Lage sähen, sich den anstehenden Aufgaben zu stellen. Dem versuchte sie, eine optimistische Grund­haltung entgegenzusellen: „Wir Humanist*innen können auch nicht mit einem Schlag alle Probleme der Zeit lösen, wir haben nicht auf alles eine Antwort anzubieten, schon gar nicht immer einfache Antworten. Aber wir gehen die Dinge mit Vernunft und Mitgefühl an. Wir denken nach, wir ringen um Antworten und Lösungen, wir versuchen, in dieser schweren Zeit, Halt und Orientierung zu geben. Wir hoffen auf eine lebenswerte Zukunft und sind davon überzeugt, dass Menschen ihre Lebensbedingungen nur selbst verbessern können.“ Der US-amerikanische Soziologe Phil Zuckerman sah die Werte des Humanismus – Demokratie, Empathie, Kosmopolitismus und der Fokus auf das Hier und Jetzt – als wichtige Voraussetzung, die Heraus­forderungen von heute zu bewältigen und eine bessere Zukunft aufzubauen.
In Workshops und Vorträgen ging es um weitere zukunftsträchtige Fragen, wie etwa mit welchen Strategien dem Klimawandel begegnet werden kann oder welche Herausforderungen mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz auf die Menschheit zukommen. Input gaben dabei unter anderem Transfor­mationsforscherin Maja Göpel, der Kri­minalbiologe Mark Benecke und der Philosoph Julian Nida-Rümelin.
Der Tag klang mit einem humanistischen Festival im Tipi am Kanzleramt aus. Dabei wurde auch die Regen­bogenflagge gehisst. Annathea Braß betonte in ihrem Redebeitrag, dass sich Humanismus nicht denken lasse, „ohne die Achtung sexueller und geschlechtlicher Vielfalt im Sinne der Selbstbestimmung und des gegenseitigen Respekts“.

Proteste gegen 
UNUM24-Konferenz

Unter dem mit einer Regenbogenfahne hinterlegten Slogan #NoUNUM24 pro­testierten am 21. Juni etwa 200 Menschen in München gegen christ­lichen Fundamentalismus und Natio­nalismus. Anlass war die UNUM24 – EINS SEIN-Konferenz, die in der Münchner Olympiahalle stattfand. Die „christliche Glaubenskonferenz“ mit erkennbar evangelikalem Einschlag war von Anfang an umstritten. Denn unter den Referent:innen fand sich auch Bill Johnson, der sogar vom Münchner Regionalbischof Thomas Prieto Peral als „Spalter“ eingeschätzt wird, der „einen Kulturkampf führt gegen alles, was nicht ins eigene ultrakonservative Weltbild passt“. Johnson sähe die USA gerne als christlichen Gottesstaat, sieht in Homosexualität eine „violation of design“ und gilt als Unterstützer Donald Trumps.

Auch andere Organisationen, die auf der Konferenz zu finden waren, blicken aus einer christlich-fundamentalistischen Perspektive auf Homosexualität. Pressesprecherin Birgit Kelle wendete sich in der Vergangenheit mehrfach gegen einen selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch und hat beispielsweise dem „Marsch für das Leben“ 2020 ein Grußwort übermittelt. Gegen derlei konservative Gesell­schaftskonzepte hat das Bündnis auch eine Petition gestartet, die „von Politik und Gesellschaft ein klares Eintreten gegen rechte christlich-fundamentalistische und nationalistische Bestrebungen“ fordert. Es müsse ernst genommen werden, dass die offene demokratische Gesellschaft auch durch christlichen Fundamentalismus bedroht werde.

Hier kann die Petition unterzeichnet werden: https://weact.campact.de/petitions/keine-chance-fur-christlichen-fundamentalismus-und-nationalismus

Wie christlich ist Bayern?

„Wie christlich ist Bayern noch?“, fragte sich die Redaktion der BR-Fernseh­sendung Stationen. Um herauszubekommen, wie präsent das Christentum tatsächlich noch im Leben der Menschen im CSU-Staat ist, suchten die Journalist:innen unter dem weiß-blauen Himmel nach der christlich-bayrischen Tradition und fanden auch einige Orte, an denen das Christentum noch gelebt wird.

Da aber selbst im Freistaat die Kon­fessionslosen mittlerweile mehr sind als eine vernachlässigbare Min­derheit, wird auch der Bund für Geistes­freiheit (bfg) München vorgestellt. Nach einem bildgewaltigen Einstieg mit der Buskampagne kamen die politischen Positionen des bfg zur Sprache, die erfolgreiche Klage gegen das Tanzverbot fand ebenso Erwähnung wie das juristische Vorgehen gegen den Söderschen Kreuzerlass. Vorsitzende Assunta Tammelleo kommt unter anderem mit dem Statement zu Wort: „Ich bin davon überzeugt, die Trennung von Staat und Kirche ist für eine funktionierende Demokratie unerlässlich.“
Ausgestrahlt Mitte Juli ist der Stationen-Beitrag derzeit noch in der BR-Mediathek zu finden.

Die GWUP hat gewählt

Der Richtungsstreit bei der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) ist ent­schieden. Im Mai wurde André Sebastiani zum neuen Vorsitzenden gewählt. Da die beiden zur Wahl angetretenen Teams sich schon im Vorfeld darauf geeinigt hatten, dass es einen einheitlich besetzten Vorstand geben solle, um Ruhe in den Verein zu bringen, wird die GWUP nun vom „Team Sebastiani“ geleitet.

Die Verleumdungen gingen unterdessen auch nach dem Wahltermin weiter. Wenige Tage darauf veröffentlichte EuroConsum e.V. eine Stellungnahme zur Beendigung der Zusammenarbeit mit der GWUP. Unter dem Foto eines Aufklebers mit der Aufschrift „NSU-Komplex auflösen“ erklärt der Verein, der nach eigener Aussage „rd. 6.000 Mitgliederinnen“ hat und sich „auf der Seite der Evidenz“ sieht, dass zu „den Lehren dieses Terrors“ (u. a. des NSU) gehöre, „dass wir uns klar gegenüber rechtsextremen und neu-rechten 
Strömungen abgrenzen“. Da mit dem neuen Vorstand bei der GWUP „erklärtermaßen“ ein neuer Kurs einge-
schlagen werde, „dem wir vor dem Hintergrund unserer eigenen Verbands­identität nicht folgen wollen“, müsse die langjährige Kooperation unverzüglich eingestellt werden.
Daraufhin fragte ein Mitglied der GWUP bei EuroConsum an, wodurch der neue Kurs der GWUP denn gekennzeichnet sei und in welchem Zu­sammenhang er mit den genannten Morden mit rechtsextremen Hinter­gründen stehe. Der wesentliche Satz des Antwortschreibens lautet: „Der Text [auf der EuroConsum-Webseite – Anm. MIZ] steht für sich.“ Eine Nachfrage des GWUP-Mitglieds blieb bis zum Redaktions­schluss unbeantwortet.

Offener Brief zum § 218

In einem Offenen Brief an die Bun­desregierung und die Bundestags­fraktionen der Regierungsparteien sprechen sich 42 Organisationen für die Entkriminalisierung des Schwan­gerschaftsabbruchs aus – darunter die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs), der Humanistische Verband Deutschland (HVD) und der Zentralrat der Konfes­sionsfreien.

„Der Schwangerschaftsabbruch wird stigmatisiert und die Versorgungslage ist vielerorts unzureichend“, heißt es in dem Schreiben. Mit Bezug auf den Bericht der Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fort­pflanzungsmedizin wird klargestellt, dass Gesetzesänderungen zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs „notwendig und verfassungsrechtlich möglich sind“. Insbesondere für die Frühphase der Schwangerschaft sei die grundsätzliche Rechtswidrigkeit nicht haltbar. Der § 218 StGB sei kein guter Kompromiss: Viel­mehr sei eine Neuregelung des Schwan­gerschaftsabbruchs im Sinne einer guten Gesundheitsversorgung „dringend geboten und auch machbar“.

Petition gegen Kirchentagsfinanzierung

Die Partei der Humanisten Nieder­sachsen hat gemeinsam mit der Re­gionalgruppe Braunschweig der Gior­dano-Bruno-Stiftung (gbs) bei Open­Petition eine Petition „Keine staatliche Finanzierung des Kirchentages in Hannover 2025“ initiiert. Der Rat der Landeshauptstadt Hannover und der niedersächsische Landtag werden aufgefordert, die vorgesehene Finanzierung des Kirchentags 2025 zu streichen und stattdessen für „Bildung, Gesundheit, Kultur und Soziales“ zu verwenden.

Zur Begründung rechnet die Huma­nisten-Partei vor: Die Stadt Hannover will den Kirchentag, der vom 30. April bis 4. Mai 2025 stattfinden soll, mit vier Millionen Euro unterstützen – obwohl die Kommune künftig pro Jahr 120 Millionen Euro im Haushalt einsparen will. Das Land Niedersachsen beteiligt sich mit sieben Millionen Euro und steuert damit genauso viel bei wie die Evangelische Landeskirche. Da in der Region Hannover nur noch 30% Mitglied der evangelischen Kirche sind, erscheint diese Förderung sehr hoch; zumal ansonsten in allen Bereichen gespart wird und Bibliotheken, Bäder und Jugendtreffs geschlossen werden.

Hier kann die Petition unterzeichnet werden: https://www.openpetition.de/petition/online/keine-staatliche-finanzierung-des-kirchentages-in-hannover-2025