Nous sommes Charlie
Am 7. Januar, dem Jahrestag des Anschlags auf die Redaktion der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo, fand in der Kulturbühne Hinterhalt eine Gedenkveranstaltung statt. In Zusammenarbeit mit dem Bund für Geistesfreiheit (bfg) München, dem Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) und der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) wurden eine kleine Ausstellung und ein Kabarettabend organisiert. Zu sehen waren etwa 40 Kunstwerke, die für den Blasphemie-Kunstpreis Frecher Mario eingereicht worden waren. In kurzen Redebeiträgen brachen der österreichische Zeichner Gerhard Haderer und der Münchner Aktionskünstler Wolfram Kastner eine Lanze für Kunstfreiheit und Zivilcourage.
Auf der Bühne stand dann mit Sigi Zimmerschied ein Kabarettist, der zahlreiche Kollisionen mit der klerikalen Kunstauffassung einschließlich Anzeigen wegen der Beschimpfung religiöser Bekenntnisse (§ 166 StGB) hinter sich hat. Er präsentierte sein aktuelles Programm Tendenz steigend. Ein Hochwassermonolog und zog das Publikum mit „glaubhaft skizzierten Feindbildern“, wie Assunta Tammelleo im Humanistischen Pressedienst schrieb, in seinen Bann. Am Ende erntete er lang anhaltenden Beifall.
Mit der Veranstaltung schufen die säkularen Verbände einen würdigen Rahmen für das Gedenken an die Opfer von Paris und setzten ein Zeichen für den Erhalt des Rechtes auf Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit.
Reaktionen zu Köln
Auch zwei Wochen nachdem in der Silvesternacht zahlreiche Frauen in Köln sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren, liegen aus der säkularen Szene nur wenige Stellungnahmen vor.
Ausführlich hat sich die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) geäußert. Sie fordert eine Debatte über das Verhältnis von Religion und Sexualität. „Wie beim Terrorismus werden auch bei Formen sexueller Gewalt die religiös-kulturellen Hintergründe nach dem Motto ‘Das hat doch nichts mit Religion zu tun!’ heruntergespielt“, erklärte gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon. Tatsächlich würden sexuelle Diskriminierung und sexuelle Gewalt jedoch weltweit „in erschreckendem Umfang religiös legitimiert“. Der Grund dafür liege darin, dass „die Verhinderung einer freien, selbstbestimmten Sexualität ist seit jeher eine zentrale Stütze religiöser Herrschaft“ sei.
Schmidt-Salomon verwies darauf, dass patriarchale, frauenverachtende Normen und Verhaltensweisen den Alltag in den meisten muslimischen Ländern bestimmen. Vor diesem Hintergrund müssten die Ereignisse von Köln gesehen werden. Denn muslimische Männer würden signifikant häufig im Rahmen dieser überkommenen patriarchalen Normen denken und handeln. Insofern zeige ein „erschütterndes Maß an Realitätsverleugnung“, wer die Vorfälle mit Hinweis auf Übergriffe auf dem Oktoberfest relativiere.
Schmidt-Salomon zeigte sich optimistisch, dass die Dominanz rigider Sexualnormen innerhalb der muslimischen Community aufgehoben werden könne, sofern man sie öffentlich als „unaufgeklärt und reaktionär“ kennzeichne und bekämpfe, statt sie „kulturrelativistisch zu beschönigen“. Er verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass autoritär-patriarchale Normen vor 50 Jahren auch in deutschen, christlichen Familien breite Anerkennung fanden und Unions-Politiker erst vor wenigen Jahren damit begonnen hätten, sich für die Rechte von Frauen und Homosexuellen einzusetzen.
Mina Ahadi vom Zentralrat der Ex-Muslime hat den Fokus auf etwas anderes gelegt: Sie geht davon aus, dass es kein Zufall war, was in Köln passierte. „1.000 Männer treffen sich nicht zufällig, wir haben es hier mit organisierter Gewalt zu tun!“, erklärte sie gegenüber der Frauenzeitschrift Emma. In der sexualisierten Gewalt sieht sie eine Strategie: „Schrecken und Angst müssen nicht immer über Bomben verbreitet werden. Man kann auch durch solche Angriffe gegenüber Frauen eine Gesellschaft in Unruhe versetzen. Auch das ist eine Form von Terror“, zitiert sie die Evangelische Nachrichtenagentur idea. Gleichzeitig warnte Ahadi vor Verallgemeinerungen, denn viele in Deutschland lebende Muslime seien liberal und emanzipiert.
Antwort an den Bischof
Die Humanistische Alternative Bodensee (HABO) hat auf die Äußerungen des Passauer Bischofs Stefan Oster reagiert. Dieser hatte erklärt, Homosexualität sei nach seiner Kenntnis des Stands der Wissenschaft wohl nicht angeboren, sondern ein angenommener Lebensstil.Folglich lehne er die Segnung homosexueller Paare ab, da sich zwar niemand seine sexuelle Orientierung aussuchen könne, sich daraus aber nicht ergebe, dass diese auch gelebt werden dürfe. Zudem stelle sich die Frage, was dann Menschen mit pädophiler Orientierung gesagt werden solle.
Dennis Riehle, Sprecher der HABO, hat darauf entgegnet, dass Homosexualität seit 1992 nicht mehr in der In- ternationalen Klassifikation von Krankheiten (ICD) aufgelistet werden, während Pädophilie dort noch gelistet sei. Er verweist in diesem Zusammenhang auch auf eine oft angeführte Stelle im Alten Testament (3. Mose 18,22), die im Urtext laute: „Du sollst nicht bei einem Knaben liegen wie bei einem Weibe“, später aber „interessenorientiert“ mit „Manne“ übersetzt würde.
Auch die Vorstellung, Homosexualität sei erworben, kritisiert Riehle. Er erinnert an den kürzlich verstorbenen Wissenschaftler Robert L. Spitzer, der in einer Studie behauptet hatte, Homosexualität sei „therapierbar“. Allerdings hatte Spitzer seine Thesen 2012 als Reaktion auf die zahlreichen Entgegnungen selbst zurückgezogen.
IBKA Niedersachsen
Der niedersächsische Landesverband des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) blickt auf ein besonders ereignisreiches Jahr zurück. Neben den üblichen Infoständen und Stammtischen gab es als Höhepunkte die Feier anlässlich des fünfjährigen Bestehens (die auf dem IBKA-YouTube-Channel dokumentiert ist) sowie die mit anderen Verbänden durchgeführte Demonstration gegen „60 Jahre Loccumer Vertrag“.