Prisma | Veröffentlicht in MIZ 3/22 | Geschrieben von Redaktion MIZ

Apostasy is a Human Right

Maryam Namazie erhält den IBKA-Preis Sapio

Der Council of Ex-Muslims of Britain sorgt mit aufsehenerregenden Aktionen immer wieder dafür, dass die Belange von Ungläubigen auf die Tagesordnung kommen. Dabei legt die Organisation eine Konfliktfreudigkeit an den Tag, die in Deutschland wohl als „Krawallatheismus“ diffamiert werden würde. Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) kommt zu einer anderen Einschätzung und hat der Council-Sprecherin Maryam Namazie seinen Sapio verliehen.

Mit dem Sapio ehrt der IBKA Personen oder Organisationen, die sich in herausragender Weise um Weltanschauungs­freiheit, Selbstbestimmung und Toleranz verdient gemacht haben. Nach­dem die Preisverleihung coronabedingt zweimal verschoben werden musste, fand im September im Bürgerhaus Köln-Kalk ein kleiner Festakt statt.

In seiner Begründung, warum die Wahl auf Maryam Namazie gefallen sei, trug der IBKA-Vorsitzende René Hartmann vor, dass der Council of Ex-Muslims of Britain „Menschen, die sich vom Islam abgewandt haben, eine Stimme“ gebe. Die Organisation setze sich „für gleiche Rechte und gegen Privilegierung oder Diskriminierung im Namen der Religion ein“ und verteidige das Recht, Religion zu kritisieren. Maryam Namazie stehe für diesen Einsatz für Säkularismus, Selbstbestimmmung und die Trennung von Staat und Religion und sei auch bereit, die damit verbundenen „nicht unerheblichen“ Risiken auf sich zu nehmen. Da sich der IBKA ohne Wenn und Aber zur „Durchsetzung der individuellen Selbstbestimmung gegen überkommene Traditionen sowie religiöse und weltanschauliche Normen“ bekenne, sei es eine große Freude, Maryam Namazie den Sapio zu überreichen.

In ihrer Laudatio stellte Arzu Toker die Preisträgerin als eine Frau vor, die „für das selbstständige Denken und verantwortliches Leben und Handeln“ stehe. Ihr Einsatz gelte insbesondere den Rechten von Frauen: „Sie nimmt die Unterdrückung, die Erniedrigung der Frauen nicht hin. Weder im Namen eines Gottes noch irgendwelcher Machthaber.“ Ihren Ursprung finden Namazies politische Aktivitäten im Widerstand gegen die Diktatur im Iran, den ihre Familie 1980 verlässt. Durch die Emigraton erobert sie sich neue Dimensionen des Denkens: „Sie ist ein gutes Beispiel für eine Frau, die nicht jammert, dass sie zwischen zwei Kulturen leben würde, oder in Verteidigungshaltung der Religion oder Traditionen übergeht, sondern diese Kulturen weiterentwickelt.“ Mit der Gründung der Initiative One Law for All lenkte Namazie den Blick auf religiöse Sonderrechte und forderte die Gleichbehandlung aller. Weil sie in diesem Zusammenhang auch Gesell­schaftsvorstellungen angreift, die sich auf den Islam berufen, trifft auch sie der Rassismus-Vorwurf. Den kontert sie mit der Feststellung, dass Kritik, wenn sie gegen einen Glauben oder eine Idee gerichtet ist, nicht rassistisch sein kann, egal wie viel Anstoß sie auch erregen mag.

Das iranische Regime richtet seine Propaganda gegen die „antireligiöse Frau“ Maryam Namazie; in regierungstreuen Medien wird sie als „Hure“, „unmoralisch“ oder „korrupt“ bezeichnet. Aber, so Arzu Toker, vielleicht verdienen die Mullahs, die hinter derartigen Ausfällen vermutet werden dürfen, sogar unseren Dank, „denn so erfahren die Menschen in Iran: Es gibt eine Frau im Westen, die hat uns nicht vergessen, sie nimmt es mit den Mullahs auf. Sie kämpft für unsere Menschenrechte.“

Maryam Namazie dankte mit einer mit zahlreichen Bildern in Szene gesetzten Vorstellung ihrer politischen Arbeit in England und einem Video des Auftritts der Ex-Muslime auf dem Pride Festival in London. Ihre Ausführungen zeigten deutlich, wie eng feministische und säkularistische Kämpfe verwoben sind. Was in der “dritten Welle” des euro­päischen Feminismus weitgehend in Vergessenheit geraten ist, wird von vielen Migrantinnen, die in islamisch dominierten Ländern geboren sind, noch klar gesehen: Religiöse Begründungen sind ein zentraler Faktor bei der Unterdrückung von Frauen.

Ein anderer Schwerpunkt liegt auf der Thematisierung der Religions­frei­heit. In immerhin noch einem Dut­zend 
Staaten der Welt ist für „Apostasie“ die Todesstrafe vorgesehen. Das Verlassen einer Religion als Menschen­recht durch
zusetzen ist eines der zentralen An­liegen der Ex-Muslime.

Viele Aktionen der britischen Ex-Muslime sind frech und greifen Religion und religiöse Würdenträger frontal an. Auf dem Londoner Pride Festival nahm eine sehr auffällig (und zugleich „spärlich“) kostümierte Gruppe teil, die mit Plakate wie „Less Islam – more Orgasms“ die Fackel der Aufklärung hochhielt. Die beleidigte Reaktion britischer Islam-Funktionäre kann als Beleg dafür gelten, dass sie ins Schwarze getroffen hatten...