Kürzlich ließ der 76-jährige Dalai Lama verlauten, dass er seine Reinkarnation selbst in die Hand nehmen wolle. Im Klartext: Mit etwa neunzig werde er die hohen Lamas und die tibetische Öffentlichkeit konsultieren, um darüber zu beratschlagen, ob man die Institution „Dalai Lama“ überhaupt weiterführen solle. Falls man zu einem positiven Entscheid gelange, werde er selbst seine eigene Nachfolge bestimmen. Die Nachricht ist etwas widersprüchlich, weil sie einerseits von einem Willen zur Einflussnahme über seinen Tod hinaus zeugt, andererseits die eigene Selbstdemontage fortführt. Nachdem der Dalai Lama nämlich letztes Jahr offiziell alle politische Macht in die Hand der tibetischen Exilregierung gelegt hat, stellt er nun also auch die Fortführung des spirituellen Amtes in Frage. Aber noch dieser Verzicht ist eine politische Aktion, denn China hat ein eigenes Prozedere installiert, um dereinst die Reinkarnation des verhassten Dalai Lama zu „identifizieren“. Und diese Usurpation seines Nachfolgers will der Dalai Lama vereiteln.
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