LeserINNENbriefe | Veröffentlicht in MIZ 2/12 | Geschrieben von Redaktion MIZ

LeserINNENbriefe … zu MIZ 3/11

MIZ 3/11 mit dem Schwerpunkt „Ein Reaktionär auf Reisen“ hat mich begeistert. Als Einzelperson kann ich wenig ausrichten gegen die Macht der Kirchen, die mit missionarischem Eifer verloren gegangenes Terrain zurückzuerobern versuchen. Und das mit Unterstützung des Staates, der wohl die christliche Beweihräucherung als Beruhigungsmittel für das nervöse Volk glaubt nötig zu haben. Opus Dei ist mit im Spiel: Der Gesellschaft soll von oben herab, durch Besetzung von Schlüsselpositionen, die Kirchendoktrin aufgezwungen werden.

Dagegen anzugehen ist das Verdienst
von IBKA und anderen Organisationen. Was mich vom IBKA entfremdet hat,
ist seine unhinterfragte Technologie­gläubigkeit und seine patriarchale Ideologie, der ich mich als Frau widersetze. Beides lässt sich aus den MIZ-Beiträgen ablesen, die ja ein Meinungs­bild des Bundes wiedergeben. Beispiele: die überhebliche, pauschale Verwerfung alternativer Medizin; das Nichtwahr­habenwollen, dass es ein menschliches Bedürfnis nach Spiritualität gibt. Patriarchale Ideologie spricht aus Rolf Bergmeiers Artikel in MIZ 3/11. Wenn er die griechische Antike als Vorbild für humanitas bemüht unterschlägt er, dass diese sich nur auf Männer beschränkt, denn Aristoteles hat das Frauen­geschlecht bekanntlich den Tieren zugezählt. Die Déclaration des Droits de l’Homme der Französischen Revolution klammert Frauen aus. Olympe de Gouges musste ihren in einer Gegen­deklaration geäußerten Protest (Décla­ration des Droits de la Femme et de la Citoyenne) mit der Guillotine bezahlen. Frauen bleiben noch lange rechtlos in der sogenannten aufgeklärten, wissenschaftsorientierten Welt. Die ganze Reproduktionstechnologie ist verwerflich, weil sie die Durchsetzung mit technischen Mitteln eines uralten patriarchalen Mythos ist, nämlich die Be­herrschung des Frauenkörpers, die Aneignung der Fähigkeit zu gebären. Wir kennen ja den Mythos von Zeusens Kopfgeburt, Adams Rippe. Unsere technologischen Errungenschaften entstehen nicht im luftleeren Raum, sie entspringen einem bestimmten Geist, einer Geisteshaltung, nicht immer zum Segen der Menschheit. Dass die Kirchen sich querstellen z.B. in punkto Präimplan­tationsdiagnostik ist pure Heu­chelei. Sie könnte sonst kaum ihre frauenverachtende Haltung zum Schwanger­schaftsabbruch rechtfertigen. Christ­lich-jüdische und patriarchale Ideologie haben mehr gemeinsam als manchen lieb ist. Der Siegeszug von Wissenschaft und Technik hat viel dem Bibelspruch „Macht Euch die Erde untertan“ zu verdanken. Da, wo sich der Mensch als Teil der Natur und des Kosmos versteht, sind deren Ausbeutung, wie wir sie betreiben, aus Ehrfurcht vor Mutter Erde Grenzen gesetzt.

Worauf ich hinaus will? IBKA sollte anderen Weltanschauungen mit anderen Formen der Daseinsbewältigung, die Mensch und Natur in Einklang bringen und einer menschenwürdigen, sprich Männer und Frauen umfassenden Gesellschaft verpflichtet sind, mehr Respekt entgegenbringen. Scharlatane, Profiteure, gibt es überall. Es liegt an uns, ihnen nicht auf den Leim zu gehen.

Dr. Theresia Sauter-Bailliet, St. Peter