MIZ 1/08

Tibetanische Spiele 2008

Der Dalai Lama und die Proteste in Lhasa
Porträt Gunnar Schedel, Foto: privat
Editorial

Vorurteile

Gunnar Schedel

Dass ein Kinderbuch auf die Liste der jugendgefährdenden Schriften gesetzt werden soll, ist in der Geschichte der Bundesprüfstelle nicht allzu häufig vorgekommen. Aber das war wohl nicht der Grund, weshalb die Diskussion über das „Ferkelbuch“ überwiegend im „Erwachsenen-Diskurs“ stattfand. Die wenigsten der weit über 100 Beiträge in Presse und Rundfunk stellten die Frage in den Vordergrund, ob das Buch für die anvisierte Altersgruppe geeignet sei bzw. auf welche Weise Religionskritik einem sechsjährigen Kind nahegebracht werden könne. Und selbst wenn scheinbar in diese Richtung argumentiert wurde, lief die Kritik letztlich doch darauf hinaus, dass die ausschließlich negative Darstellung der Religion störte.

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Schwerpunktthema

Beweisfoto s. Informationen
Schwerpunktthema

Terror auf dem Dach der Welt

Colin Goldner

Nichts kann China im Vorfelde der Olympischen Spiele weniger gebrauchen als negative Presse. Grund genug für den Dalai Lama, nach Kräften für ebensolche zu sorgen. Mit ausdrücklicher Billigung „Seiner Heiligkeit“ wurde Anfang 2008 ein militanter exiltibetischer Kampfverband begründet, mit dem Ziel, „direkte Aktionen“ gegen China durchzuführen. Man werde den „historischen Moment der Olympischen Spiele dazu nutzen“, so der als Tibetan People’s Uprising Movement (TPUM) ausgerufe Verband, „Chinas Kontrolle über Tibet zu erschüttern“. Dass es dabei auch und in erster Linie um gewaltsame Aktionen gehen sollte, stand von vorneherein fest.

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Staat und Kirche

Staat und Kirche

Jugendmission mit staatlicher Unterstützung

René Hartmann

Der konfessionelle Religionsunterricht erweist sich immer weniger als zuverlässiges Mittel kirchlicher Mission, da er zunehmend abgewählt oder in den neuen Bundesländern von vornherein nur von einer Minderheit der Schülerinnen und Schüler besucht wird. Daher sind Kirchen und christliche Gruppierungen auf der Suche nach Alternativen. Da auf ihren Draht zur Politik Verlass ist, müssen sie dabei auf staatliche Mithilfe nicht verzichten. Beispiele hierfür sind die Tage ethischer Orientierung (TEO) und das christliche Jugendfestival Christival.

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Prisma

Die Rauferei zwischen den drei Religionsvertretern – für das Bundesfamilienministerium ein Beweis dafür, daß das religiöse Judentum „andere Religionsgemeinschaften vernichten“ wolle. Eine wenig überzeugende Argumentation fanden die allermeisten Medien. Die Zeit kommentierte spöttisch: „Auch ein Bischof kann notfalls durch die Nase atmen.“
Prisma

Der „Ferkelbuch“-Streit
Vom Irrtum der Möglichkeit einer friedlichen Koexistenz von religiöser Identität und Emanzipation

Gunnar Schedel

Seit dem 6. März ist es gewissermaßen „amtlich“: auch Kinder dürfen über Religion lachen, das religionskritische Kinderbuch „Wo bitte geht’s zu Gott?“, fragte das kleine Ferkel kommt nicht auf die Liste der jugendgefährdenden Medien. Beantragt hatte dies das Bundesfamilienministerium – mutmaßlich als „flankierende Maßnahme“ zu Ursula von der Leyens Christianisierungsbestrebungen im Bereich der Jugendarbeit. Doch der Schuß ging nach hinten los, denn selten wurde über Religion im Kinderzimmer, über Religionskritik, ihre Möglichkeiten und Grenzen, so intensiv öffentlich diskutiert wie in den vergangenen Wochen. Dabei traten seltsame „Frontverläufe“ zutage, die deutlich machen, daß Religion nach wie vor imstande ist, Illusionen auszulösen – und das nicht nur bei ihren erklärten Fürsprechern.

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Rolf Heinrich
Prisma

Ein Anachronismus und
ein rechtswidriger Zustand
Wissenschaftler klagen gegen Konkordatslehrstühle

Gunnar Schedel und Alexander von Pechmann

In Deutschland gibt es an einigen erziehungswissenschaftlichen oder philosophi- schen Fakultäten Lehrstühle, die nur mit der Zustimmung eines katholischen Bischofs besetzt werden können. Allein an den sieben bayerischen Universitäten sind dies je ein Lehrstuhl in Philosophie, Pädagogik und Soziologie/Politologie – also 21 Stellen, die de facto für katholische Bewerber „reserviert“ sind. Um diesen Zustand zu ändern, ziehen nun einige Wissenschaftler vor Gericht. Mit einem von ihnen, dem in München lehrenden Privatdozenten der Philosophie, Alexander von Pechmann, hat MIZ gesprochen.

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Prisma

Neue Führungsmannschaft für Eichstätt
Die Katholische Universität soll ausgebaut werden

Roland Ebert

Bayern plant in den nächsten Jahren fünf Milliarden Euro für die Sanierung seiner aufstrebenden Hochschulen auszugeben. Die Katholische Hochschule Eichstätt-Ingolstadt freut sich über dieses indirekte Angebot, das zur Erfüllung der päpstlichen Vorgaben benutzt werden kann. Mit einer neuen Führungsmannschaft will die einzige katholische Hochschule im deutschsprachigen Raum nun gezielt an der Verbesserung ihres Rufs arbeiten. In den nächsten Monaten werden möglicherweise die Weichen gestellt, wie diese private Universität, die momentan noch Probleme hat, sich unter den staatlichen Universitäten zu behaupten, zu den besten in Deutschland aufsteigen soll. Gezahlt wird dabei vornehmlich vom Staat.

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Rolf Heinrich
Prisma

Arbeiten für Gotteslohn

Christliche Gewerkschaften ermöglichen Hungerlöhne bei der Zeitarbeit

Frank Welker

Zeitarbeit schafft neue Perspektiven, frohlockt die ständig wachsende Branche der Arbeitnehmerverleiher. Damit haben die Vertreter einer „flexiblen“ Arbeit gar nicht mal unrecht. Es stellt sich jedoch die Frage, für wen diese neuen Perspektiven vorteilhaft sind. Für die betroffenen Arbeitnehmer jedenfalls kaum. Schlechte Bezahlung, miese Arbeitsbedingungen und die permanente Gefahr, vor die Tür gesetzt zu werden, sind kaum erstrebenswerte Berufsziele. Die Perspektiven für die Unternehmen sind hingegen verlockend. „Hire and Fire“ ist angesagt im real existierenden Kapitalismus. Zumal sich durch Zeitarbeit auch die Löhne nach untern drücken lassen. Viele Unternehmen gehen sogar bereits dazu über, eigene Zeitarbeitsfirmen zu gründen, um so ihre regulären Mitarbeiter auslagern zu können.

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Screenshot Wikipedia
Prisma

Dem Neutralen Standpunkt verpflichtet
Wikipedia wird der Forderung nach Löschung von Mohammed-Bildern nicht nachkommen

Nina Gerlach

In der Online-Enzyklopädie Wikipedia wird mitunter eine kleine Streiterei zum Politikum – und zum Medienereignis. So auch Ende Januar, als Beschwerden von Muslimen den Wikipedia-Mailkasten überfluteten, die die Löschung von Abbil- dungen des Religionsstifters Mohammed aus dem zugehörigen Wikipedia-Artikel forderten. Eine online-Petition füllte sich innerhalb weniger Wochen mit mehre- ren hunderttausend Unterschriften. Die Kommentare reichten von höflichen Bitten bis zu versteckten oder offenen Drohungen mit physischer Gewalt. Die Argumentation der Beschwerdeführer stützt sich auf ikonoklastische Tendenzen innerhalb des Islam, verbunden mit der Empörung über eine vermeintliche Opferrolle. Das Getöse gibt einen deprimierenden Einblick in die Diskursfeindlichkeit im Islam.

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