Dass christliche Fundamentalisten mit Sex außerhalb der Männlein-Weiblein-Norm arge Probleme haben, ist ein bekanntes Phänomen. Ganz nach dem jeweiligen fundamentalistischen Geschmack werden Menschen dann in „Konversionstherapien“ mit Gebeten gequält oder gleich das Niedermähen ganzer Völker empfohlen. Letzteres entsprach dem Geschmack des Moskauer Patriarchen Kyrill I., der Anfang März den russischen Einmarsch in die Ukraine damit legitimierte, dass Gläubige auf diese Weise Schutz vor „Gay-Pride-Paraden“ von Homosexuellen erführen.
Doch das Problem mit dem Sex fängt bei Hardcore-Christen anscheinend nicht erst an, wenn irgendwo eine Regenbogenfahne flattert. Besonders peinlich wird es, wenn Religionsfunktionäre heraushängen lassen, dass sie von diesem merkwürdigen Sex-Ding einfach überhaupt keine Ahnung haben. So zum Beispiel Chrysostomos von Dodoni, griechisch-orthodoxer Bischof im Ruhestand. In einem Fernsehinterview bekräftigte der Bischof a.D. jüngst die ablehnende Haltung der orthodoxen Kirche zum Thema Schwan gerschaftsabbruch. Auf Nachfrage, ob es Ausnahmen geben könne, etwa nach einer Vergewaltigung, eröffnete Chrysostomos von Dodoni der Welt höchst interessante biologische Fakten: Eine Frau könne überhaupt nur dann vergewaltigt werden, wenn sie es wolle, so Dodoni. Auch eine Empfängnis könne nur dann stattfinden, wenn die Frau dies wolle und daran mitwirke. Wie gut, dass sich die dodonische Sexuallehre noch nicht weiter herumgesprochen hat, sonst müssten wohl sämtliche Hersteller von Verhütungsmitteln Insolvenz anmelden.
Krude Vorstellungen in Hinblick auf die terra incognita „Sex“ sind selbstverständlich auch Teil des noch immer ungelösten Missbrauchsproblems der katholischen Kirche. Nur selten erfährt man als Außenstehender, wie krude diese Vorstellungen tatsächlich sind. Eine wunderbare Gelegenheit hierzu bot sich Anfang des Jahres in Polen. Der 48-jährige Janusz Szymik war als 12-Jähriger von einem pädophilen Priester mehr fach vergewaltigt worden. In einem kirchenrechtlichen Prozess hatte der Priester den Geschlechtsverkehr mit dem damaligen Messdiener bereits vor Jahren zugegeben. Da das Bistum Bielsko-Żywiec laut Szymik zur Vertuschung der Verbrechen beitrug, verklagte er es vor einem Zivilgericht auf ein Schmerzensgeld in Höhe von umge rechnet rund 660.000 Euro. Da Schmerzensgeldzahlungen an Missbrauchsopfer nun aber bekanntlich der Kirche große Schmerzen bereiten, entschied diese sich zum Gegenangriff. Das beklagte Bistum verlangte vom Gericht festzustellen, ob Szymik schwul sei und er deshalb während des Missbrauchs sexuelle Befriedigung empfunden habe.
Womit sich in diesem irren sexuellen Gedankengebäude der Hardcore-Religiösen dann auch irgendwie alles zusammenfügt: In Wahrheit sind es immer die rechtschaffenen Gläubigen, die geschützt werden müssen. Vor vergewaltigungswilligen Frauen ebenso wie vor lüsternen Schwulen – ganz besonders vor den gefährlichen minderjährigen.