Buchbesprechung | Veröffentlicht in MIZ 4/20 | Geschrieben von Christoph Lammers

Rezension von Sachslehner, Johannes: Hitlers Mann im Vatikan. Bischof Alois Hudal. Ein dunkles Kapitel in der Geschichte der Kirche

Sachslehner, Johannes: Hitlers Mann im Vatikan. Bischof Alois Hudal. Ein dunkles Kapitel in der Geschichte der Kirche. Molden Verlag, Wien 2019. 287 Seiten, gebunden, Euro 28.-, ISBN 978-3-222-15040-1

Die Frage, inwieweit die katholische Kirche mit den Nationalsozialisten kooperiert und ihnen so den Weg zur Vernichtung Millionen von Menschen bereitet hat, ist eine bis heute vieldiskutierte Frage und wurde in den letzten Jahrzehnten immer wieder beleuchtet. Meist lautet das Urteil, die Kirche ist unschuldig, der Papst sowieso, allenfalls 
sind einzelne „verirrte Schafe“ vom Weg des rechten Glaubens abgekommen. Diese überaus kirchen- und papstfreundliche Lesart der Geschichte ist nicht zuletzt deutschen Histo­riker_innen zu verdanken – was nicht verwunderlich ist, gilt doch diese geisteswissenschaftliche Zunft als von jeher (wert)konservativ. Gerade im Hinblick auf die Kirchengeschichte fehlt es an der Bereitschaft, sich von dieser kirchen
freundlichen Haltung zu lösen. Wer gegen Strom schwimmt und die Geschichte gegen den Strich bürstet, wie beispielsweise Karl­heinz Deschner, Ernst Klee oder auch Götz Aly, bekam und bekommt das zu spüren.

Es bleibt aber nun einmal eine Tatsache, dass die Kirchengeschichte eine Kriminalgeschichte des Christen­tums ist. In der Verquickung von Kirche und Faschismus errreicht sie ihren grausamen Höhepunkt im 20. Jahrhundert. Und mit dem österreichischen Titularbischof Alois Hudal ist diese Kriminalgeschichte um ein unrühmliches Kapitel reicher geworden, war er doch maßgeblich an der Fluchthilfe (Rattenlinie) namhafter Nationalsozialisten nach Lateinamerika beteiligt.

Der österreichische Publizist und Historiker Johannes Sachslehner hat eine beachtenswerte Biografie des in der Steiermark als Sohn eines slowenischen Vaters geborenen Mannes vorgelegt. Das 17 Kapitel umfassende Buch nähert sich dieser weitestgehend unbekannten Figur auf dem Schachbrett der politischen Bühne. Hudal, so zeigt sich im Laufe des Buches, war ein deutlicher Befürworter des Nationalsozialismus. „Ich habe immer für den Sieg Deutsch­lands gebetet und auch in diesem Sinne gepredigt und geschrieben, dessen schäme ich mich nicht“, so schrieb Hudal in seiner Autobiografie. Bereits bei der Bischofsweihe wählte er das Motiv seiner Bischofszeit: „Für Kirche und Vaterland“. Doch er blieb und bleibt auch nach der Lektüre des Buches nicht in Gänze greifbar.

Der deutsche Bischof in Rom, so wie er sich verstand, war Zeit seines Lebens ein unbequemer Zeitgenosse, der sowohl bei den Nationalsozialisten als auch beim Vatikan aneckte, zeitgleich aber auch gebraucht wurde und als geschickt agierender Netzwerker dem Faschismus Vorschub leistete, um so den Bolschewismus zu bekämpfen – ganz im Sinne der Nationalsozialisten und der Pius-Päpste.

Auch wenn der Titel des Buches nicht zutrifft – er war keinesfalls Hitlers Mann im Vatikan – und Sachslehner Bischof Hudal damit mehr politischen Einfluss zuspricht, als dieser tatsächlich hatte, steht Hudal dennoch für ein dunkles Kapitel in der Kriminalgeschichte des Christentums. Daran besteht nach der Lektüre kein Zweifel.