Editorial MIZ 1/24

Aufklärung ist Ärgernis!

Christoph Lammers

In einem Punkt sind sich wohlmeinende Kritiker*innen und Verteidiger*innen einig: Karlheinz Deschner war eine herausragende Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts, dessen Werk und Wirken die Religions- und Kirchenkritik im deutschsprachigen Raum maßgeblich geprägt hat. Karlheinz Deschners Verdienst ist es, dem Christentum die fadenscheinige Maske der Barm­herzigkeit und Nächstenliebe heruntergerissen und das wahre Antlitz offengelegt zu haben. Damit hat er den Grundstein gelegt für die Religions- und Kirchenkritik, wie wir sie kennen und schätzen. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass die säkulare Szene in Deutschland ohne Karlheinz Deschner eine andere oder gar keine (mehr) wäre. Seine Respektlosigkeit gegenüber vermeintlich kirchlichen Autoritäten und sein unermüdlicher Einsatz für Aufklärung und Wahrheit haben ihn zu einer umstrittenen, aber auch bewunderten Figur gemacht.

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Karlheinz Deschner inmitten von drei Personen, die in seinem Leben eine größere Rolle spielten (v.l.n.r.): Hermann Gieselbusch, sein Lektor im Rowohlt Verlag, Herbert Steffen, sein langjähriger Mäzen, und Hermann Josef Schmidt, der eine ausführliche Replik gegen den von der Katholischen Akademie Schwerte ausgehenden Versuch, Deschners Seriosität als Historiker infrage zu stellen, verfasste. 23. Mai 2012 (Foto: privat)
Schwerpunktthema MIZ 1/24

Karlheinz Deschner (1924–2014)
Welche Bedeutung hatte der Kirchenkritiker für die persönliche Entwicklung?

Redaktion MIZ

Für viele Menschen seiner, aber auch der nachfolgenden Gene­ration hatte Karlheinz Deschner eine große persönliche Bedeu­tung. In einer Zeit, als die Abkehr von der Kirche noch als Außen­seiterposition galt, vermittelte er ihnen die Gewissheit, in ihrer Abweichung von gesellschaftlichen Konventionen richtig zu liegen: Er zeigte die blutige Verstrickung von Kirche und Herrschaft, von Glaube und Macht. Und eine Kirche mit dieser Geschichte konnte nicht beanspruchen, moralische Instanz für alle zu sein; sie zu verlassen, war gerechtfertigt. Deschner half diesen Menschen mit seinen Werken über ihre Selbstzweifel hinweg.

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Schwerpunktthema MIZ 1/14

Die Frauenbewegung zu Kreuze getragen…?
Über femen und ihre Aktionsformen als Teil des 
sogenannten Postfeminismus

Nicole Thies

Für einen Teil der Frauenbewegung zählt Religionskritik zu ihren
Grundpfeilern. Die Frauenbewegung gibt es jedoch nicht. Und
soziale wie politische Aktivist_innen, Bewegungen und Organisa­tionen, die für Frauenrechte und frauenpolitische Themen streiten
und kämpfen, sind nur zum Teil explizit und radikal religions­kritisch. Gemein ist dennoch vielen die Einschätzung und Begrün­dung, dass Religionen – insbesondere die monotheistischen – die patriarchal herrschaftliche Unterdrückung von Frauen festigen und gesellschaftliche Geschlechtsunterschiede manifestieren. Seit 2008 gehört die Gruppe femen zum Aktionist_innenkreis – eine Bewegung, die sich dezidiert religionskritisch positioniert, eine Gruppe, die zuletzt ebenso viel Medieninteresse auf sich zog wie Kritik – nicht nur aus antifeministischen Kreisen.

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