MIZ 2/13

Papst Franziskus

und die Vision einer Kirche der Armut
Porträt Gunnar Schedel, Foto: privat
Editorial

Armutsrhetorik

Gunnar Schedel

Die Frage ist nicht eben neu und selbst die Kulturindustrie bedient sich der damit verbundenen Bilder. In Umberto Ecos Der Name der Rose gibt es eine Szene, in der Franziskanermönche mit einer Delegation des Papstes zusammentreffen und darüber streiten, ob Jesus ein Armer gewesen sei und was das denn für die Kirche bedeute. Franziskus von Assisi und sein Orden werden der Papstkirche gegenübergestellt, als alternative Form des Christentums, als Hoffnung für all jene, die so gerne glauben würden, aber daran verzweifeln, dass sich Rom vor allem als mächtig, prunkvoll und korrupt erweist. Wie viel davon echter innerkirchlicher Konflikt und wie viel Kommunikationsstrategie (im Sinne von „Standbein, Spielbein“) ist, auch das ist Thema der Beiträge unseres aktuellen Schwerpunktes.

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Schwerpunktthema

Schwerpunktthema

Nomen est omen –
oder: kirchenpolitische Inszenierung von 
charismatischer Herrschaft

Nicole Thies

Die Inszenierung des Papstes als ‘neuer Franziskus’ ist filmreif: der Papst der Armen, die Kirche der Armen und eine Kirche für die Armen – welch’ große Bilder und welch’ ein Mummenschanz! Sollte man meinen… aber der charismatische Name ist Programm mit klaren Motiven: das Stärken der Amtskirche, das Kanalisieren, das Beschwichtigen und Rückführen von sozialen Gegenströmungen, die Bekämpfung des vermeintlichen Unglaubens. Und genau darin ähnelt der Franziskus-Papst dem historischen Franziskus mehr als gerade zu vernehmen ist.

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Schwerpunktthema

Religionen brauchen die Armut

Frank Welker

Studien zeigen, dass Menschen in Ländern besonders stark religiös sind, in denen es keinen materiellen Wohlstand gibt oder in denen die sozialen Sicherungssysteme nicht funktionieren. Nimmt man diese Erkenntnisse ernst, dann müssten Religionsvertreter zu dem Schluss kommen, dass sie die Armut der Menschen brauchen, um nicht selbst überflüssig zu werden. Tatsächlich ist religiöse Armutsbekämpfung nur selten mehr als die Bewahrung des gesellschaftlichen Status quo.

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Staat und Kirche

Staat und Kirche

Brian blamiert Bochum
Ein Fortsetzungsroman

Armin Schreiner

Kleinlaut nach dem gewaltigen Medienecho teilte die Stadt Bochum am 17. Juli 2013 mit, dass das Bußgeldverfahren gegen die Initiative Religionsfrei im Revier eingestellt wird, jedoch „ohne den Schuldvorwurf zurückzunehmen“, wie der Kulturdezernent der Stadt Michael Townsend betonte.

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Quo vadis Türkei? Foto: Rainer Sturm | pixelio.de
Staat und Kirche

Islamunterricht als Mittel zur Integration?
Die Islamverbände suchen nach einer kirchenähnlichen Struktur, um kirchenähnliche Privilegien zu erhalten

Roland Ebert

Um das Jahr 2000 wurde von muslimischer Seite vehement der Wunsch geäußert, einen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen einzuführen. Es bestehe die Gefahr, dass Fundamentalisten in Moscheegemeinden bzw. Koranschulen die Oberhand bekom
men könnten. Von der vorher diskutierten Form des religions­kundlichen Unterrichts war plötzlich keine Rede mehr. Auf einer Fachtagung zum Islamunterricht vertrat Thomas Kufen, der Integrationsbeauftragte von Nordrhein-Westfalen, die These: „Der staatliche Religionsunterricht für muslimische Schüler muss ausgebaut werden, weil er bei der Integration der Einwanderer hilft und religiösem Extremismus vorbeugt.“1

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Prisma

Prisma

Wahlkampfgetöse
Union macht Grüne für Aushöhlung der religiösen Identität verantwortlich

Rainer Ponitka

In vielen Parteien gibt es christliche Arbeitsgemeinschaften. Bei der Union sind sie in katholisch und evangelisch aufgeteilt, es 
gibt den Arbeitskreis Engagierter Katholiken in der CDU (AEK)
 sowie auch den Evangelischen Arbeitskreis der CDU/CSU (EAK). 
Ein Schelm ist, wer sich nun an die „Volksfront von Judäa“ und 
die konkurrierende „Judäische Volksfront“ aus dem Kultklassiker Das Leben des Brian erinnert sieht. Der EAK gab im April 2013 die Broschüre Die Grünen und ihr Verhältnis zur Kirche1 heraus. Sie ist in fünf Kapitel unterteilt und sucht am Beispiel des politischen Gegners die säkulare Sicht auf das jeweilige Thema zu beschädigen.

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Prisma

„Diese Haltung zeugt von Ignoranz“
Interview mit Dirk Verhofstadt zum Reichskonkordat

Gunnar Schedel und Dirk Verhofstadt

Im Juli feierte das „Reichskonkordat“ Geburtstag. Es war der erste internationale Vertrag, den das Hitler-Regime abschließen konnte und ist bis heute gültig. Eingefädelt hatte es Nuntius Eugenio Pacelli, der später als Papst Pius XII. die Geschicke der katholischen Kirche während des Zweiten Weltkrieges lenkte. Mit ihm und seiner Rolle bei der Vernichtung der europäischen Juden hat sich der belgische Publizist Dirk Verhofstadt in einer umfangreichen Studie auseinandergesetzt, die vor Kurzem in deutscher Über
setzung erschienen ist. Gunnar Schedel sprach mit ihm über jenes Abkommen, das viele als verheerenden ersten Schritt zur internationalen Anerkennung des nationalsozialistischen Deutschland sehen.

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