Buchbesprechung | Veröffentlicht in MIZ 4/18 | Geschrieben von Christoph Lammers

Rezension von Eric Kurlander: Hitler’s Monsters

A Supernatural History of the Third Reich

Eric Kurlander: Hitler’s Monsters. A Supernatural History of the Third Reich. Yale University Press, New Haven / London 2017. 422 Seiten, gebunden, US-Dollar 31,75, ISBN 978-0-300-18945-2

Wer kennt sie nicht, Steven Spielbergs und George Lucas’ Abenteuerfilme um den fiktiven amerikanischen Archäo­logen Dr. Henry Walton Jones, jr., genannt Indiana Jones. In mittlerweile vier Filmen – der fünfte ist gerade in Arbeit – kämpft der Abenteurer mit Grabräubern und Schurken um sagenumwobene Schätze wie den heiligen Gral und die Bundeslade. Als beliebte Gegner und Handlanger der Bösen dienen den Machern vor allem Nazis. Was nicht verwundert, spielen doch die ersten drei Kinofilme in den 1930er Jahren.

Die Filmreihe sprach, wenn auch sicher unbeabsichtigt, einen aus wissenschaftlicher Sicht durchaus wichtigen Punkt an: Die Verknüpfung von Nationalsozialismus und Parawissen­schaften. Lange hatte man auf neue Erkenntnisse zu der Thematik warten müssen – die Studie von Nicholas Goodrick-Clarke aus den 1980ern gilt längst als Standardwerk. Jetzt hat der US-amerikanische Historiker Eric Kurlander ein Buch vorgelegt, welches weitere interessante Einblicke in die Verbindungen von Nationalsozialismus und Okkultismus gibt.

Kurlander legt in drei Kapiteln zahlreiche Beispiele für die Bedeutung des okkulten Denkens für die Nationalsozialisten vor. Ob nun die Suche nach einer vermeintlich verschollenen indogermanischen Urreligion, die Suche nach Mussolinis Aufenthaltsort mittels Hellseher und Kartenleser oder das Auspendeln britischer Kriegsschiffe über eine Meereskarte gebeugt. Anhand dieser und weiterer Beispiele zeigt der Historiker die Obsession der Nazis und das dahinter verborgene Weltbild, welches sie antrieb. Die, wie sie es nannten, jüdische Weltverschwörung galt dabei als einende Klammer.

Anhand der pseudowissenschaftlichen Welteislehre zeigt Kurlander, dass den Nazis jedes Mittel recht war, um den, ihrer Meinung nach, von Juden geführten Naturwissenschaften ein gesellschaftlich tragbares Gegenmodell entgegenzustellen. Doch nicht nur jenes vom österreichischen Ingenieur Hanns Hörbiger erdachte Weltbild stieß bei den Nationalsozialisten auf Interesse. Hitler, Himmler und Konsorten fanden zudem großen Gefallen an der Homöopathie und der auf Rudolf Steiner zurückgehende biologisch-dynamische Landwirtschaft. Jeder Unsinn war recht, wenn dieser sich vom aufgeklärten Weltbild der damaligen Zeit abzugrenzen wusste.

Damals wie heute war bzw. ist das Interesse an Okkultismus und Parawissenschaft weit verbreitet. Heilslehren der Esoterik erfreuen sich großer Beliebtheit. Mit seinem Werk, welches leider bisher nur in englischer Sprache vorliegt, erweitert Kurlander die bisherigen Arbeiten zum europäischen Faschismus um einen wichtigen Aspekt. Der Aufstieg Hitlers und des Nationalsozialismus sind nach Kurlanders Einschätzung ohne ein besseres Verständnis der Pseudowissenschaft nicht zu verstehen. Damit trägt Kurlander auch zu einem besseren Verständnis der heutigen Zeit bei.