Prisma | Veröffentlicht in MIZ 2/23 | Geschrieben von Lale Akgün

Die Türkei nach der Wahl

Keine Gewaltenteilung, das Parlament entmachtet, Medien zu 95% in den Händen von Erdoğan- Befürwortern, Unterdrückung von Minderheiten, die Zahl der Häftlinge in den Gefängnissen prozentual zur Bevölkerung die höchste in Europa und allein im vergangenen Jahr knapp 17.000 Oppositionelle verhaftet. Dazu eine stetige Verarmung der Bevölkerung; unter diesen Bedingungen hätten die AKP die Parlamentswahlen am 14. Mai und Erdoğan die Stichwahl zum Präsidenten am 28. Mai verlieren müssen. Dem war aber bekanntlich nicht so.

Bei den Parlamentswahlen am 14. Mai bekam das Wahlbündnis um Erdoğan 49,47% der Stimmen, (dabei entfielen auf die AKP 35,61%) und bei der Stichwahl zum Amt des Präsidenten erhielt Erdoğan 52,18% der Stimmen. Bekanntlich waren die Ergebnisse in Deutschland noch viel prägnanter; hier bekam das Wahlbündnis um Erdoğan 63,15% der Stimmen (auf die AKP entfielen dabei 50,52%) und bei der Stichwahl siegte Erdoğan mit satten 65,49%.

Hier soll der Frage „Wie konnte Erdoğan gewinnen?“ nachgegangen werden.
Ein Blick auf die Landkarte der Türkei gibt deutlich Auskunft über die Wählerverteilung: Erdoğan siegte in Zentralanatolien und an der Schwarzmeerküste, sein Gegenkandidat Kılıçdaroğlu gewann in Thrazien, dem europäischen Teil der Türkei, in den Großstädten Istanbul, Ankara und Eskişehir und in den Provinzen entlang der Ägäis und dem Mittelmeer. Auch in den kurdisch und alevitisch dominierten Provinzen im Osten und Südosten der Türkei siegte die Opposition.
Was folgt aus diesem Tableau?
Die Wählerinnen und Wähler Erdoğans sind – neben denjenigen, die handfeste Vorteile aus einer AKP-Regierung ziehen – vor allem die konservativen und bildungsfernen Gruppen. In den Großstädten und den weltoffenen Küstenregionen im Westen stimmten die Menschen für Kılıçdaroğlu. Mag sein, dass sich die konservativen Anhänger von Erdoğan kaum oder gar nicht für Gewaltenteilung oder Menschenrechte interessieren. Aber es stellt sich trotzdem die Frage, warum gerade die Menschen, die besonders unter der wirtschaftlich prekären Lage leiden, an Erdoğan festgehalten haben. Es ist seit Jahren das gleiche Spiel. Sobald Wahlen anstehen, spielt die AKP die Rolle einer Oppositionspartei und verspricht, dass nach den Wahlen alles besser werden wird. Denn die wirtschaftliche Lage ist nicht erst seit gestern so schlecht; sie ist in den letzten Jahren stetig schlechter geworden. Besonders betroffen davon sind Angestellte im öffentlichen Dienst, Arbeiter1 und Rentner. Ihr Einkommen kann mit der Inflation nicht Schritt halten. Während die Armutsgrenze für eine vierköpfige Familie Juni 2023 bei 33.750 türkische Lira lag, beträgt der Mindestlohn seit dem 1. Juli 2023 11.402 Lira. Ein Lehrer verdient um die 20.000 Lira, und die Renten bewegen sich zwischen ca. 9000 und 25.000 türkische Lira. Das Einkommen der Durchschnittsfamilien liegt schon lange unter der Armutsgrenze. Das betrifft vor allem die Familien, in denen es nur einen Verdiener gibt, und das sind in der Regel die konservativen Kreise, wo die Berufstätigkeit der Frau noch immer nicht die Regel ist. Nach Angaben des statistischen Amtes der Türkei arbeiteten Januar 2023 nur 31,2% der Frauen, wobei man davon ausgehen kann, dass die Berufstätigkeit gehäuft unter den säkularen Frauen anzutreffen ist.
Warum wählen die Menschen eine Partei, unter deren Regierung sie hungern müssen?
Das Zauberwort heißt seit Jahr­zehnten Identitätspolitik. Identität heißt in diesem Fall Islam und türkischer Nationalismus. Angetrieben wird diese Politik von der Propaganda, die Säkularen würden mit den Kurden gemeinsame Sache machen und den Menschen die Religion und das Vaterland wegnehmen. Der Islam spielt dabei ohne Zweifel die dominantere Rolle. Diese Fokussierung auf den Islam hat in der türkischen Politik nicht mit der AKP und Erdoğan angefangen. Schon seit den 50er Jahren haben konservative Parteien bewusst eine islamistische Politik, d.h. die Instrumentalisierung des Islam für die eigenen politischen Ziele, betrieben, um sich gegen die Säkularität des Staates zu positionieren. Die streng säkulare CHP, die republikanische Volkspartei, wurde von den Parteien im rechten Spektrum über Jahrzehnte als ein „gottlose“ Partei beschimpft, deren Ziel einzig die Vernichtung des Islams und die Unterminierung des Glaubens sei. Der Angst seiner Wählerschaft vor dem Verlust des Glaubens, die er im Wahlkampf weiter angestachelt hat, hat Erdoğan sich selbst als Retter präsentiert.
Auf der anderen Seite zeigt das Wahlergebnis von 47,8% für den Oppositionsführer Kılıçdaroğlu, wie entschlossen der säkulare Teil der Gesellschaft war, dieses Ein-Mann-Regime zu überwinden. Kılıçdaroğlu 
hatte eine ganz schlechte Ausgangs­position. Die Lügen­propaganda von Erdoğan, sein Versuch mit Fake-Videos Kılıçdaroğlu in die Nähe der PKK zu rücken, bösartige Andeutungen über seine alevitische Konfessionszugehörigkeit und letztendlich die fehlenden Möglichkeiten für die Opposition, in den Medien aufzutreten, zeigen, wie unfair der Wahlkampf gelaufen ist. Dafür sind 47,8% ein mehr als respektables Ergebnis. Aber die Stimmen aus Europa, hier vor allem aus Deutschland und aus den Erdbebengebieten (was eigentlich nicht erklärbar ist, da die hohe Zahl der Toten durch die Korruption bei den Baugenehmigungen zustande gekommen ist) verhinderten seinen Wahlsieg. Dabei bleibt auch die Frage offen, ob Erdoğan im Falle eines Wahlsieges von Kılıçdaroğlu die Macht freiwillig abgegeben hätte.
Neben der Angstpolitik hatte Erdoğan noch einen wichtigen Trumpf in der Hand: Die Zahl der Partei­mitglieder der AKP; sie wuchs seit 2002 Monat um Monat; dabei mussten die Mitglieder keinerlei Beiträge zahlen, die Mitgliedschaft wurde als eine Bindung der Herzen dargestellt. Die AKP gerierte sich als eine „große Familie“ mit Vater Erdoğan an der Spitze. Als sich jedoch – gerade für die einfachen Menschen – herausstellte, dass eine Mitgliedschaft handfeste Vorteile bedeutete, wuchs die Attraktivität der Mitgliedschaft enorm. Heute hat die AKP 11,5 Millionen Mitglieder. Diese sind wichtige Multiplikatoren in der Familie und im Stadtteil. So soll inzwischen bei bestimmten Gelegenheiten statt des Personalausweises das AKP-Parteibuch vorgezeigt werden. Mit Erfolg. Es öffnet wohl alle Türen.
Der wichtigste Punkt von Erdoğans Agenda war und ist – neben der Schaffung einer Wirtschaftsoligarchie – die Abschaffung der Laizität. Das ist zum einen seiner Ideologie geschuldet – er ist ein lupenreiner Islamist – aber auch den Erwartungen seiner Wählerschaft. Schließlich ist er der Beschützer des Islams.
Der Autor Fatih Yaşlı schreibt in der linksliberalen Zeitung Cumhuriyet am 14.7.2023: „In der Türkei hat ein Regimewechsel stattgefunden. Wir müssen die Tatsache akzeptieren, dass die Türkei kein säkulares Land mehr ist. Der Staat ist aufgeteilt unter den islamischen Sekten und Gemeinschaften.“ Und weiter die Politologin Dr. Cangül Örnek: „Die Säkularität ist zwar in der Verfassung aufgeführt, aber in der Staatsführung und im gesellschaftlichen Leben hat sie heute keine Bedeutung mehr. Wir haben das Land und die nationale Souveränität in die Hände jener islamischen Sekten gelegt, die sogar das osmanische Reich als gefährlich für die Regierung eingestuft hatte. Das ist Dynamit für die Grundsätze der Republik.“
Seitdem jedoch der Stimmenanteil der AKP die 50%-Grenze nicht mehr überschreitet und Erdoğan auf die Stimmen der nationalistischen MHP angewiesen ist, wird auch verstärkt die nationalistische Sicht hervorgehoben. Es wird eine islamo-türkische Identität propagiert, die an die vergangenen Zeiten des Osmanischen Reiches anknüpfen soll. Gleichzeitig wird an einem Narrativ über das Osmanische Reich gearbeitet. Dieses Narrativ bietet, auch mit Hilfe von Fernsehserien, eine völlig unrealistische Darstellung des Osmanischen Reiches; eher an Disneyland orientiert als an historischen Tatsachen. Aber – es suggeriert Größe und Macht des osmanischen Reiches und des Islam. Und genau mit diesem Narrativ wird auch die wirtschaftliche Verelendung des Einzelnen überdeckt. Denn – so Erdoğan – für die Größe der Türkei und die Stärkung und Bewahrung des Islams müssten Opfer gebracht werden. „Bedel“ ist das Stichwort. Der Preis, den der einzelne Türke zahlen muss, damit aus der Asche der Republik ein Neo-Osmanisches Reich von Weltgeltung entstehen kann. Die säkulare türkische Republik, die einst die AKP-Abgeordnete Tülay Babuşçu als „Werbeunterbrechung der Geschichte“ bezeichnet hatte, soll nach 100 Jahren endlich überwunden werden. Seinem „Versprechen“ (oder sollte man lieber Drohung sagen?), dass im Jahre 2023 – 100 Jahre nach der Gründung der türkischen Republik – das Zeitalter der neuen Türkei „Yeni Türkiye“ beginnen wird, scheint Erdoğan mit seinem Sieg am 28. Mai näher gekommen zu sein.
Schauen wir kurz zurück: 2002 angetreten mit dem Versprechen, alle Tabus der letzten Jahrzehnte einzureißen und die Türkei zur wahren Demokratie zu führen, hatte Erdoğan am Anfang gerade unter den Intellektuellen in der Türkei und den Politikern in Europa viel Sympathie geerntet. Die Warnungen vieler Kritiker in der Türkei wurden als „letzte Zuckungen eines Ancien Régime“ abgetan. Erdoğan selbst ist ein Ziehkind von Necmettin Erbakan, dem Begründer von Milli Görüş, einer islamistischen Bewegung, die die säkulare Gesellschaftsordnung durch eine scharia-konforme islamische ersetzen will. Erdoğans Beteuerungen, er habe das „Milli Görüş Hemd“2 ausgezogen, wurden gerne geglaubt; vor allem in den Anfangsjahren seiner Regierung, als er ein Reformpaket nach dem anderen schnürte, um in die EU aufgenommen zu werden. Seine Worte „wir werden die Kopenhagener Kriterien [u.a. institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, Wahrung der Menschenrechte sowie Achtung und Schutz von Minderheiten] umsetzen und wenn man uns nicht in die EU aufnimmt, dann nennen wir sie Ankara Kriterien“, lösten bei europäischen, vor allem deutschen Politikern ein breites Grinsen des Wohlwollens aus. Es blieb beim Grinsen. Heute ist die Türkei vom EU-Beitritt so entfernt wie nie zuvor.
Trotz allem: Erdoğan bleibt auf der politischen Bühne. Er macht sich für den Westen „unentbehrlich“, indem er mal für die EU die Flüchtlinge im Land hält, damit sie nicht in den Westen abwandern; mal die Rolle des Vermittlers zwischen dem Westen und Putin übernimmt. Dass er in seinem Land die Menschenrechte mit den Füßen tritt, die Säkularität abschafft und Politik auf Kosten der Minderheiten, Frauen und LGBTQ macht? Geschenkt! Das kümmert den Westen herzlich wenig. Wie geht der berühmte Diplomatenspruch? „He is a dictator, but he is our dictator“. Solange Erdoğan nützlich ist, wird ihn der Westen auch nicht fallenlassen. Nach seiner Wiederwahl war Olaf Scholz einer der ersten, der ihm gratuliert hat. In Zeiten des AfD- Aufstiegs wäre eine Infragestellung oder gar Kündigung des Flüchtlingsabkommens durch die Türkei das letzte, was er brauchen kann. Diese Hinnahme seiner Diktatur durch den Westen –aus welchen Gründen auch immer – hilft Erdoğan, sich in der Türkei als einen der einflussreichsten Politiker der Welt zu verkaufen. Zuletzt sein Auftreten bei der Nato bezüglich der Aufnahme Schwedens, als er als Gegenleistung die Aufnahme der Türkei in die EU wollte. „Die EU und allen voran Deutschland haben sich in den letzten Jahren immer wieder von dieser Erpressungspolitik von Erdoğan beeindrucken lassen. Darum verwundert es nicht, dass Erdoğan immer dreister wird und jetzt die EU-Mitgliedschaft fordert“, schrieb der Journalist Eren Güvercin am 10. Juli auf Twitter, und weiter:“ Man macht heute den gleichen Fehler wie vor einigen Jahren bei Putin.“ Die türkische Einheitspresse schrieb dagegen, dass Erdoğan alles bekomme, was er wolle. Ob in guter oder schlechter Absicht: Die Politik des Westens macht Erdoğan immer rücksichtsloser. Wo bleibt da die werteorientierte Außenpolitik?
Kann Erdoğan überhaupt demokratisch besiegt werden? War die Wahl am 14. Mai überhaupt eine Wahl oder ein Referendum? Ein Referendum über Demokratie oder Diktatur, bei der sich 52,18% der Bürger für die Diktatur entschieden haben.
Unter anderem 509.302 türkische Staatsbürger in Deutschland. Über die Gründe, warum sich die Türken in Deutschland mehrheitlich für die AKP und Erdoğan entscheiden, ist viel spekuliert worden. Für dieses Verhalten wird gerne die Nostalgie der Türken („kennen wir doch auch von den Deutschen im Ausland!“) oder – je nach politischem Standort – die nichtgewollte oder nichtgelungene Integration verantwortlich gemacht. Ich kann dazu nur sagen, dass sich die deutsche Mehrheitsgesellschaft ihre eigene Erklärung zusammenzimmert. Die so nicht stimmt. Wenn wir auf die Wahlergebnisse in anderen Ländern schauen, zeigt sich wahrlich ein anderes Bild. Nur drei Beispiele: In Großbritannien hat Erdoğan 19,11%, in den USA 17,33% und in Tschechien gerade mal 10,72% der Stimmen bekommen.
Was ist in Deutschland anders? Nun, erst einmal die Zusammensetzung der türkischstämmigen Bevölkerung. Während nach Großbritannien oder in die USA Akademiker ausgewandert sind, sind in Deutschland vor allem bildungsferne Menschen aus Anatolien angeworben worden. Die Deutsch-Türken stammen zum großen Teil aus orthodox-sunnitischen, patriarchalen Verhältnissen. Das machte sie zu willigen Anhängern einer islamistisch-nationalistischen Ideologie und anfällig für die Identitätspolitik Erdoğans. Damit aus dieser Anfälligkeit auch Stimmen werden, arbeitet Ankara seit Jahren an einer erfolgreichen Diasporapolitik. Seit 2010 existiert das „Präsidium für Auslandstürken und verwandte Gemeinschaften“, das direkt dem Präsidenten Erdoğan unterstellt ist. Es ist eines der wichtigen Instrumente der Diaspora-Politik der türkischen Republik. Das Amt hat circa 300 Mitarbeiter und soll u.a. die Zusammenarbeit mit den türkischen Staatsangehörigen, Türkeistämmigen und ihren Verbänden im Ausland gestalten und ihre Aktivitäten koordinieren. Dazu kommt die UID (Union der internationalen Demokraten), eine Lobbyorganisation, die für die AKP arbeitet.
Aber noch viel mehr an der Basis sind die Moscheeverbände von DITIB3 und IGMG4, die es zusammen auf mehr als 1200 Moscheevereine bringen. Die Imame der DITIB werden aus der Türkei gesandt und bezahlt. Sie arbeiten wie eine Vorfeldorganisation der AKP und praktizieren den politischen Islam. Während des Wahlkampfes gab es laut Recherchen des eben erwähnten Journalisten Eren Güvercin über 80 Auftritte von AKP-Abgeordneten in Ditib- Moscheen.
Bei dieser Wahl sind übrigens fünf Kandidaten aus Deutschland ins türkische Parlament gewählt worden. Sie sollen die Sorgen und Nöte der Türken in die türkische Politik tragen. Der ehemalige Generalsekretär der IGMG, Oğuz Üçüncü, sitzt mit zwei weiteren Abgeordneten für die AKP im türkischen Parlament; ein weiterer für die ultra-orthodoxe Yeni Refah. Der inzwischen aus der AKP ausgeschiedene Mustafa Yeneroğlu, der jetzt für die konservative DEVA angetreten ist, ist ebenfalls IGMG Generalsekretär gewesen. Die Verbindungen der IGMG zur AKP sind anscheinend so eng, dass sie aus ihren Reihen ehemalige Generalsekretäre für die AKP ins Parlament schicken.
In einem Interview mit dem WDR-Sender Cosmo am 22. Mai sagte Oğuz Üçüncü auf die Frage, was er als Abgeordneter vorhabe, er wolle u.a. den strukturellen Rassismus und die Islamophobie bekämpfen. Natürlich sind das nur Phrasen. Wie soll ein Abgeordneter im türkischen Parlament den strukturellen Rassismus in Deutschland bekämpfen? Aber es sind Phrasen, die von seinen Wählern gerne gehört werden.
Am 3. Juni twitterte Fatih Toprak, der den Wahlkampf der AKP im Ausland koordiniert hat: „Wir haben an der Amtseinführung unseres Präsidenten, des verehrten Recep Tayyip Erdoğan teilgenommen. Das Jahrhundert der Türkei hat begonnen durch die Rekordteilnahme unserer Bürger im Ausland an der Wahl und durch ihre Unterstützung. Wir danken Gott für diesen Tag.“ Das Photo in diesem Tweet zeigt ihn gemeinsam mit Kemal Ergün, Vorsitzender der IGMG5, und mit Köksal Kuş, Vorsitzender der AKP-Lobbyorganisation UID6. Beide Organisationen sind mit ihren Zentralen in Köln ansässig und werden vom Verfassungsschutz beobachtet.7
Also weiß man in Deutschland genau, wer hier Politik für die Deutsch-Türken macht. Trotzdem ist man weit davon entfernt, diese Tatsachen wahrzunehmen und zu handeln.
Da kann ich nur noch die große Hannah Arendt zitieren: „Der wohl hervorstechendste und auch erschreckendste Aspekt der deutschen Realitätsflucht liegt jedoch in der Haltung, mit Tatsachen so umzugehen, als handele es sich um bloße Meinungen.“
Mal sehen, wie lange das gut geht.

Anmerkungen

1 Zugunsten der besseren Lesbarkeit wird im Text auf das Gendern verzichtet.
2 Erdoğan in Bezug auf die AKP: „wir haben das Milli Görüş Hemd ausgezogen. Vergesst die Vergangenheit, wir sind eine neue Partei“, 2003
3 Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V. (türkisch Diyanet İşleri Türk İslam Birliği, abgekürzt DİTİB) ist die größte sunnitisch-islamische Organisation in Deutschland mit über 900 Moscheevereinen mit Hauptsitz in Köln.
4 Die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş e. V. (Abk. „IGMG“, türkisch İslâm Toplumu Millî Görüş) ist ein seit 1995 eingetragener Verein mit Sitz in Köln. Nach eigenen Angaben hat sie in Deutschland 304 Moscheevereine.
5 https://de.wikipedia.org/wiki/Islami­sche_Gemeinschaft_Mill%C3%AE_G%C3%B6r% C3%BC%C5%9F
6 https://de.wikipedia.org/wiki/Union_Internationaler_Demokraten
7 https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/publikationen/DE/verfassungsschutzberichte/2023-06-20-verfassungsschutzbericht-2022-startseitenmodul.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Milli Görüs, S. 229; UID, S. 301 (Zugriff 20.7.2023)