Bereits der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn hatte sich bemüht, die Debatte in ihm genehme Bahnen zu lenken: Zwei Monate nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts lud er 30 Organisationen zu einem „konstruktiven Dialog“ ein: Sie sollten Stellungnahmen abgeben und auf diesem Weg Einfluss auf den neuen Gesetzentwurf nehmen. Neben vielen Expert:innen aus den Bereichen Medizin und Recht waren auch die beiden großen christlichen Kirchen im Verteiler – nicht hingegen eine Vertretung der Konfessionslosen oder eine der Vereinigungen, die von dem weitestgehenden Verbot der Suizidhilfe betroffen waren. Spahn hatte seine virtuelle Diskussionsrunde so zusammengestellt, dass genau jene Kräfte ein Übergewicht hatten, die bereits 2015 tonangebend waren, als das nun als verfassungswidrig bewertete Gesetz ausgehandelt worden war. Im Einladungsschreiben offenbart sich denn auch eine etwas eigenwillige Vorstellung von Selbstbestimmung, die ganz wesentlich auf „Lebensschutz bzw. Fürsorge“ abstellt, „um den Menschen, sofern seine Selbstbestimmung erheblich eingeschränkt ist, für die Dauer dieser Einschränkung vor sich selbst (und einem irreversiblen Schritt wie dem Suizid) zu schützen“.
So verwundert es auch nicht, dass der Abgeordnete Jens Spahn zu den Unterzeichner:innen jenes Gesetzentwurfes gehört, der die prinzipielle Beibehaltung der Strafbarkeit der „geschäftsmäßigen“ Suizidhilfe fordert. Die Liste derer, die das „Gesetz zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Hilfe zur Selbsttötung“ eingebracht haben, liest sich wie ein Who-is-who des Kirchenlobbyismus: Lars Castellucci (der den Verfassungsauftrag, die Staatsleistungen abzulösen, für „Unsinn“ hält), Hermann Gröhe (der das diskriminierende kirchliche Arbeitsrecht explizit verteidigt), Kerstin Griese (die den flächendeckenden Islamunterricht fordert), Katrin Göring-Eckart (die für die „Anerkennung“ islamischer Religionsgemeinschaften plädiert), Hubert Hüppe (der Schwangerschaftsabbruch als Teil der Familienplanung ablehnt), Thorsten Frei (der sich für eine Moscheesteuer ausspricht), der ehemalige Militärseelsorger Pascal Kober usw.
Einhellige Ablehnung
Der konservative Entwurf, der schon in der Bezeichnung des Gesetzes in aller Offenheit bekennt, dass er das Bundesverfassungsgerichtsurteil eigentlich nicht umsetzen will, unterscheidet sich von den anderen beiden Vorlagen vor allem durch ein vollständiges Desinteresse für die Suizidwilligen. Werden alle, die bereit sind, einem des Lebens müden Menschen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen als mutmaßliche Kriminelle angesehen, erscheinen die Suizidwilligen als therapiebedürftig und potentiell psychisch krank. Ihre Lebenslagen und Motive spielen in dem Gesetzentwurf keine Rolle. Ihr Selbstbestimmungsrecht geht im religiös geprägten Paternalismus unter, der davon ausgeht, dass „der Mensch“ eben nicht das Recht hat, in allen Lebenslagen über sich zu verfügen.
Folglich stoßen Castellucci & Co. bei den Interessenvertretungen der Konfessionslosen durchgängig auf Ablehnung. „Der Entwurf um Lars Castellucci ist höchst problematisch, weil er das Urteil aus Karlsruhe regelrecht ignoriert“, wird Philipp Möller, Vorsitzender des Zentralrats der Konfessionsfreien, in dessen Stellungnahme zitiert. Gita Neumann, die seit langem für den Humanistischen Verband Deutschland (HVD) zu dem Thema arbeitet, schreibt in einem Positionspapier, es drohe „ein neuer § 217 StGB, der lediglich modifiziert wird durch mögliche, dabei aber höchst restriktive Ausnahmeregelungen zur erlaubten Suizidhilfe“. Rainer Ponitka vom Internationalen Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) kann zwar der Auffassung etwas abgewinnen, dass „passive und aktive Sterbehilfe nicht vom Gedanken des materiellen Zugewinns der möglichen Helfer geleitet“ sein sollten. Doch die Formulierung „grob anstößig“ sei „extrem unscharf“ und öffne „einer religiösen oder wie auch immer gearteten Moral Tür und Tor“, womit der Gedanke persönlicher Autonomie verneint werde.
Mein Ende gehört mir
Bereits 2014/15 hatten die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs), die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben (DGHS) und der IBKA mit der Kampagne Mein Ende gehört mir – letztlich erfolglos – versucht, die Entscheidung des Bundestags zu beeinflussen und das De-facto-Verbot der professionellen Freitodbegleitung zu verhindern. Bereits damals hatte der Vorstandssprecher der gbs, Michael Schmidt-Salomon, prophezeit, dass das Gesetz vor Gericht keinen Bestand haben werde. Die Verfassungsbeschwerden hatte die gbs mit zwei ausführlichen Stellungnahmen unterstützt, in der mündlichen Verhandlung war Schmidt-Salomon als „sachverständiger Dritter“ zu Wort gekommen.
Obwohl bei der Einladung übergangen, schickte die gbs im Juni 2020 eine mehrseitige Stellungnahme Zur Neuregelung der Suizidhilfe an Minister Spahn. Darin werden einige grundlegende Argumente vorgetragen, die in der anstehenden Debatte Berücksichtigung finden sollten. So kritisiert die gbs eine Formulierung in Spahns Einladungschreiben. Zwar sei die Aussage, dass sich „aus dem Recht auf selbstbestimmtes Sterben ... kein Anspruch gegenüber Dritten auf Suizidhilfe“ ableite, im Grundsatz richtig, doch gleichzeitig werde verschwiegen, dass das Bundesverfassungsgerichtsurteil einen Anspruch gegenüber dem Staat impliziere, „Suizidhilfe von Dritten (etwa durch gesetzliche Überregulierungen) nicht unverhältnismäßig zu erschweren“.
Gegen die „Richtung“, die sich in Spahns Einladungstext erkennen lasse, führt die gbs drei Einwände an. Das Grundgesetz gehe „von mündigen Bürgerinnen und Bürgern aus, die ihr Urteilsvermögen gegenüber dem Staat nicht rechtfertigen müssen, sofern nicht eindeutige Indizien dafür vorliegen, dass ihre Freiverantwortlichkeit erheblich eingeschränkt ist. Schon die ungerechtfertigte Aufforderung zu einer solchen Mündigkeitsprüfung durch den Staat bzw. seine Expert*innen muss als eine Missachtung der unantastbaren Menschenwürde eingestuft werden.“ Die „individuelle Entscheidung für einen Suizid“ dürfe nicht „als ‘eindeutiges Indiz’ für eine ‘erheblich eingeschränkte Selbstbestimmung’ gewertet werden“. Staatliche Suizidpräventionsprogramme sollten sich daher „auf die Reduktion von Verzweiflungs-Suiziden und Verzweiflungs-Suizidversuchen konzentrieren“ – nicht aber „auf die Reduktion von Freitodbegleitungen, bei denen Menschen sich nach reiflicher Überlegung und unter Verwendung sanfter Mittel für den ‘letzten Ausweg’ entscheiden, wenn ein Weiterleben für sie unerträglich wäre“. Zudem sei die weltanschauliche Neutralität des Angebots anzuzweifeln. Außerdem verkenne die Forderung des Gesundheitsminister, Freiwilligkeit, Dauerhaftigkeit und Ernsthaftigkeit des Suizidwunsches festzustellen „die besondere Lebenssituation vieler schwerstleidender Menschen“.
In den gesetzlichen Regelungen sollten „die Kernaussagen des Karlsruher Urteils explizit verankert werden, nämlich dass jeder Mensch das Recht hat, selbstbestimmt zu sterben sowie anderen beim Suizid zu helfen, sofern die Sterbewilligen freiverantwortlich handeln“. Eine Beratungspflicht dürfe es nicht geben. Es dürfe „auch keine Frage des Geldes sein“, ob das Recht auf Suizidhilfe in Anspruch genommen werden könne oder nicht. „Deshalb sollte die Hilfe zum Suizid in den Leistungskatalog der Krankenversicherer aufgenommen werden. Die Kosten von Sterbehilfevereinen bei der Durchführung von Suizidhilfe müssen erstattbar sein, ohne dass diese Vereine als gewerbsmäßig gelten.“ Das Strafrecht solle „nur in Extremfällen (Suizid durch Zwang, Drohung, Täuschung etc.) zur Anwendung kommen.
Neuregelung unnötig?
Kurz vor der ersten Beratung im Bundestag am 24. Juni hat der Zentralrat der Konfessionsfreien den Abgeordneten Fragen und Antworten zur Suizidhilfe zukommen lassen. In einer Pressemitteilung betont die Dachorganisation, „dass keiner der drei vorliegenden Gesetzentwürfe in Einklang mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts“ stehe. Vor allem aber sei eine Neuregelung „unnötig, weil der Schutz des Lebens durch das Urteil und durch andere Strafgesetze bereits sichergestellt“ sei. Nicht nur der Castellucci-Gesetzentwurf stößt auf Ablehnung, auch die beiden anderen Gruppenanträge überzeugen den Zentralrat nicht. Am Gesetzentwurf um Katrin Helling-Plahr sei zwar begrüßenswert, dass er nicht im Strafrecht angesiedelt sei. „Aber mit der Einführung von Pflichtberatungen werden Sterbewillige bevormundet, und gesetzliche Wartefristen können sie in den gewaltsamen Suizid treiben“, kritisiert der Zentralratsvorsitzende Philipp Möller. Genau dies jedoch müsse verhindert werden. Der Antrag um Renate Künast komme den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts noch am nächsten, weiche aber gerade in einem wichtigen Punkt davon ab. Denn während das Urteil dem Gesetzgeber die Bewertung der Motive für einen freiverantwortlichen Suizid untersage, sehe der Künast-Entwurf eine solche Bewertung vor. „Sterbewillige zur Begründung oder Rechtfertigung zu zwingen, widerspricht dem liberalen Geist dieses bahnbrechenden Urteils“, sagt dazu die stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats, Ulla Bonnekoh. Das Urteil sei „ein echter Paradigmenwechsel“ gewesen: „weg von der Gnade der Erlösung Schwerstkranker hin zum Grundrecht auf Autonomie für alle“.
Als Fazit stuft der Zentralrat eine gesetzliche Neuregelung der Suizidhilfe als „unnötig und unklug“ ein: „Die Entscheidung über den eigenen Tod ist die letzte und wohl intimste Entscheidung eines Menschen – der Staat muss sich hier ganz dringend zurückhalten.“
Beratung als Chance?
Eine andere Perspektive nimmt der Humanistische Verband ein. Zum einen konzentriert er sich ganz pragmatisch auf das Ziel, die Wiedereinführung eines § 217 StGB zu verhindern. Um dies zu erreichen, hat der HVD an die Unterstützer:innen des Künast-Entwurfs appelliert, ihren Gesetzesvorschlag aufzugeben, „um die Front gegen einen neuen § 217 nicht zu spalten“. Der vom HVD favorisierte „sozialliberale Vorschlag“ um Helling-Plahr biete nach Einschätzung von Gita Neumann die Möglichkeit, „das verfassungsmäßige Recht auf Freitodhilfe unkompliziert“ einzulösen. Er sei nicht nur der „einfachste und liberalste“, sondern verzichte „bei Nichteinhaltung (oder bei – noch – nicht verfügbaren gesetzlich vorgesehenen Beratungsstellen) auf jegliche Sanktionen“. Dadurch werde auch die bisherige Arbeit von Sterbehilfevereinen nicht beeinträchtigt.
Der Künast-Antrag hingegen offenbare einige Schwächen. Zwar könne er für sich in Anspruch nehmen, „allen freiverantwortlichen Suizidwilligen einen prinzipiellen Zugang zu Natrium-Pentobarbital eröffnen zu wollen, der nicht auf ärztlicher Verschreibung basiert“. Allerdings würden dazu „nahezu unzumutbar bürokratisierte Hürden aufgestellt“. Außerdem sie die „vorgesehene Zweiteilung je nach Motivlage seitens der Suizidwilligen“, also in Menschen in einer medizinischen Notlage mit schwerstem körperlichen Leiden und andere Suizidwillige, „unhaltbar“. Um den 45 Abgeordneten die Entscheidung, ihren Antrag zurückzuziehen zu erleichtern, schlägt Neumann vor, „Ärzt*innen mit einem gesetzlichen Vertrauensvorschuss zu versehen, die Patient*innen beim Suizid helfen wollen, wenn diese sich bei ihnen in einer Behandlungssituation befinden“.
Zum anderen schätzt Gita Neumann auch das (verpflichtende) Beratungsangebot etwas positiver ein. Damit Ärzt*innen Rechtssicherheit haben, wenn sie zum Zweck der Selbsttötung Betäubungsmittel verschreiben, sind Aufklärungsgespräche vorgesehen. „Diese sind, solange damit den Suizidwilligen keine Rechtfertigung etwa ihrer Motive auferlegt wird, durchaus verfassungsgemäß. Die Karlsruher Richter*innen haben 2020 ausdrücklich betont, dass Wohlerwogenheit, Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit des Todeswunsches vorauszusetzen sind – sowie das Fehlen von Informationsmängeln und von Fremdbeeinflussung.“
Um ein solches Angebot zu gewährleisten, bedarf es des flächendeckenden Aufbaus eines staatlich anerkannten und finanzierten Beratungsnetzes in gemeinnütziger Trägerschaft. Nach der Vorstellung von Neumann sollen dort „hilfesuchende Menschen mit suizidalen Gedanken, Aufklärungsbedarf oder bereits ausgereiften Selbsttötungs-Plänen von Mitarbeiter*innen eines multiprofessionellen Teams ergebnisoffen und einfühlsam beraten werden (je nach Situation auch etwa zu Verschuldung, Suchtproblematik, Pflegebedürftigkeit). Bei Bedarf sollen die Beratungsstellen dann eine Bescheinigung für suizidhilfewillige Ärzte ausstellen. In den kostenfreien Gesprächsangeboten werden die Klient*innen – egal mit welchen Hintergründen oder Vorstellungen – frei von jeglicher Entmündigungstendenz oder Rechtfertigungserwartung vorurteilsfrei angenommen. Dies würde die in Deutschland festgefahrene Gegnerschaft zwischen Suizidprävention einerseits und Suizidhilfe andererseits im Sinne von Betroffenen in nahezu revolutionärer Weise überwinden.“
Reglementierungswut?
Rainer Ponitka, Geschäftsführer des IBKA, verknüpft in seinem Denkanstoß die Positionen aus dem Politischen Leitfaden des IBKA mit Überlegungen zur Bedürfnislage sterbewilliger Menschen. Zentral sind für ihn, „die Gewährleistung, sein Leben aufgrund einer eigenen und wohlüberlegten Entscheidung trotz schwerster gesundheitlicher Beeinträchtigungen mit ärztlicher Hilfe weiterführen zu wollen“ wie das „Recht, seinem Leben aufgrund einer eigenen und wohlüberlegten Entscheidung auch medikamentös und auf Wunsch mit der Hilfe anderer ein Ende setzen zu dürfen“. Daneben sei aber auch „der Schutz von Patientinnen und Patienten, die von wem auch immer zum Sterben gedrängt werden könnten oder deren Todeswunsch aufgrund eines erlittenen Traumas einer Kurzschlussreaktion entspringt, also der Schutz der Menschen, deren Selbstbestimmungswillen es nicht entspräche, ihrem Leben ein Ende zu setzen“ nicht zu vernachlässigen.
In den fraktionsübergreifenden Gesetzesinitiativen zur Suizidhilfe sieht Ponitka „wilde Reglementierungswut“ und das Begehren, über „das Lebensende der Bürgerinnen und Bürger zu bestimmen“. Zwar anerkenne er das Bemühen, diejenigen zu schützen, die zum Sterben gedrängt werden oder nur kurzfristig traumatisiert sind, „doch bei genauer Betrachtung scheint mir der ‘Schutzgedanke’ von einem ‘Selbsttötungsverhinderungsgedanken’ dominiert zu sein“.
Letztlich sei allen Entwürfen gemein, „dass die nach ihrer freien Entscheidung Sterbewilligen sich einen aufwendigen Zeitplan – teilweise sogar über mehrere Monate – erstellen müssen, um die Bedingungen zu erfüllen, ein Betäubungsmittel zu erhalten, das ihr Leben beendet“. Dieses Verfahren grenze an Bevormundung. „Meiner Auffassung nach würde ein einziger Beratungstermin bei einem behandelnden Arzt ausreichen, um die eigene und wohlüberlegte Entscheidung einer/s Sterbewilligen festzustellen.“ Auch die Frage, ob eine Beeinflussung des Patienten oder der Patientin vorliege oder ob ein traumatisches Erlebnis zu einer Kurzschlussreaktion geführt habe, könne entsprechend geschultes medizinisches Personal bei einem solchen Gespräch erkennen. Nur in solchen Fällen sollten zum Schutz dieser Menschen „Schutzmechanismen wie Mehrfachberatungen und weitere Untersuchungen greifen“.
Letztlich hätten sich alle Verbände eine Regelung gewünscht, die sich klarer auf die Seite der Betroffenen stellt. Die gbs, der Zentralrat und der IBKA sehen, mit unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen, alle Entwürfe kritisch, der HVD unterstützt aus pragmatischen Erwägungen den Gesetzentwurf um Katrin Helling-Plahr. Als sicher kann zudem gelten, dass für den Fall, dass der Castellucci-Entwurf sich durchsetzen sollte, ein erneuter Gang nach Karlsruhe ansteht.
Informationen
Drei Gesetzentwürfe
Gesetzentwurf Castellucci & Co.
Der § 217 StGB (Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung) soll in veränderter Form beibehalten und durch einen § 217a (Werbung für die Hilfe zur Selbsttötung) ergänzt werden. Das Strafmaß soll bis zu drei Jahren Haft betragen. Straffrei bleibt die Suizidhilfe nur dann, wenn die „suizidwillige Person volljährig und einsichtsfähig ist“, zwei fachärztliche Untersuchungen ergeben haben, dass keine „die autonome Entscheidungsfindung beeinträchtigende psychische Erkrankung vorliegt“, und die Person ein Beratungsgespräch absolviert hat. Von der Strafandrohung ausgenommen sind Angehörige oder andere nahestehende Personen, die nicht „geschäftsmäßig“ handeln. Wer Mittel zur Selbsttötung anbietet, kann bestraft werden, wenn dies zum finanziellen Vorteil oder in „grob anstößiger Weise“ erfolgt.
Gesetzentwurf Künast & Co.
Im Selbstbestimmtes-Sterben-Gesetz wird Ster bewilligen ein sicherer „Zugang zu Betäubungsmitteln“ gewährt, „um unwürdige, unzumutbare und nicht von einem freien Willen getragene Umsetzungen des Sterbewunsches möglichst zu verhindern sowie eine autonome und vollinformierte Entscheidungsfindung der Sterbewilligen sicherzustellen“. Das Gesetz differenziert zwischen Menschen „in medizinischer Notlage“ und Menschen, bei denen eine solche nicht vorliegt. Letztere müssen nicht nur dem verschreibenden Arzt gegenüber ihren Sterbewunsch begründen, sondern auch zwei Beratungstermine wahrnehmen. Dabei solle das Beratungsgespräch das Ziel verfolgen, „dass den Sterbewilligen alle Umstände und Hilfsangebote bekannt werden, die ihre Entscheidung ändern könnten“.
Gesetzentwurf Helling-Plahr & Co.
In einem Suizidhilfegesetz wird festgelegt, dass „jeder, der aus autonom gebildetem, freiem Willen sein Leben beenden möchte“, das Recht hat, hierbei Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zugleich darf jeder „einem anderen, der aus autonom gebildetem, freiem Willen sein Leben beenden möchte, Hilfe leisten und ihn bis zum Eintritt des Todes begleiten“. Ein Pflicht, jemandem bei der Selbsttötung zu helfen, gebe es nicht (was auch für medizinisches Personal gelte). Suizidwilligen muss eine ergebnisoffene Beratung angeboten werden. Dafür müssen die Bundesländer „ein ausreichend plurales Angebot an wohnortnahen Beratungsstellen“ sicherstellen. Das den Tod herbeiführende Medikament kann jeder Arzt mit entsprechender fachlicher Qualifikation verschreiben, sofern die suizidwillige Person eine Beratungsbescheinigung vorlegen kann.