Eva C. Schweitzer: Tea Party – Die weiße Wut. Was Amerikas Neue Rechte so gefährlich macht. Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv), München 2012. 279 Seiten, kartoniert, 14,90 Euro. ISBN 978-3-423-24904-1
Als Barack Obama vor fast vier Jahren als erster afroamerikanischer Präsident gewählt wurde, träumten viele diesseits und jenseits des Atlantiks von einem neuen politischem Zeitalter. Vergessen war George W. Bush Jr. und sein heiliger Krieg gegen die „Achse des Bösen“‘. Vergessen war Samuel Huntington und seine Kulturkreisideologie. Vergessen war Reagans Marktradikalismus. Im Nu, so schien es, hatte sich das alte Amerika in das neue verwandelt. Doch der Scheint trügt – damals wie heute. Die inneramerikanischen Befindlichkeiten sind seit dem Machtantritt Ronald Reagans derart gestört, dass jeder Versuch, die politische Kultur der Vereinigten Staaten zu verändern, auf eine sich radikalisierende Bewegung von weißen Amerikanern stößt. Wie weit Amerika vom Ideal einer Gesellschaft der Gleichen und Freien entfernt ist, lässt sich an der Tea Party Bewegung eindrücklich exemplifizieren.
Die promovierte Amerikanistin und Journalistin Eva C. Schweitzer hat dazu ein überaus interessantes Buch geschrieben. Seit über zwanzig Jahre lebt die Autorin in den Vereinigten Staaten und verfolgt seit Beginn den Aufstieg der Tea Party. In zehn Kapiteln, ergänzt durch Bilder der bekanntesten VetreterInnen der Tea Party, einem überschaubaren Literaturverzeichnis, zahlreichen Internetquellen zu den einzelnen Kapiteln sowie einem Namensregister, behandelt die Autorin die wichtigsten Etappen, Personen, Institutionen und Ziele der Tea Party. Schweitzer gelingt es die Unübersichtlichkeit zu entwirren und Bezugspunkte herzustellen. Sie macht deutlich, dass die als außerparlamentarische Opposition gegen Subventionen für Banken, hohe Steuern und hohe Staatsverschuldung gestartete Bewegung, mittlerweile zu einer breiten nationalistischen Hassbewegung geworden ist. Ihre VertreterInnen wettern gegen Abtreibung und Schwulenehe, gegen AtheistInnen und Linke, FeministInnen und vornehmlich gegen alle, die nicht weiß sind. Sowohl innerhalb als auch außerhalb der republikanischen Partei gewinnen ihre VertreterInnen an Einfluss. Ihre Strömung umfasst alle nur erdenklichen Stoßrichtungen der Rechten, angefangen bei Libertarians und Marktradikalen, über religiöse FanatikerInnen, evangelikale FundamentalistInnen sowie RassistInnen und VerschwörungstheoretikerInnen.
Doch warum ein Buch zu dieser Zeit? Schweitzers Intention ist klar: „Der Kampf um die Zukunft Amerikas wird in diesem Jahr entschieden.“ So übertrieben dies klingen mag, für die USA ist die bevorstehende Präsidentschaftswahl nicht nur aus ökonomischer, sondern auch aus kultureller, politischer und sozialer Sicht eine Richtungsentscheidung für Jahrzehnte und die Tea Party setzt alles daran, ihren Einfluss geltend zu machen. Sollte neben dem Mormonen Mitt Romney ein Tea Party-naher Vizepräsident ins Weiße Haus einziehen, wären die Folgen verheerend, sowohl für die USA als auch für den Rest der Welt. Dank der Autorin wissen die LeserInnen auch warum.