Buchbesprechung | Veröffentlicht in MIZ 1/23 | Geschrieben von Gunnar Schedel

Rezension von Nicola Condoleo: Über Atheismus

Nicola Condoleo: Über Atheismus. Überlegungen für Unschlüssige. Marburg 2023, Büchner Verlag. 146 Seiten, Klappenbroschur, Euro 24.-, ISBN 978-3-96317-339-4

Ein im besten Sinne philosophisches Buch über Atheismus hat Nicola Condoleo vorgelegt. Dabei geht er davon aus, dass „in der heutigen gesellschaftlich-geschichtlichen Situation“ eine „Tendenz zum Atheismus“ notwendig ist, und entwickelt eine Religiositätskritik. Darunter ist die Ablehnung jeglicher Gläubigkeit zu verstehen, ohne das historische Erbe der Religionen zu übersehen. An die Stelle der Religionen tritt eine „sorgende“ Philosophie, die „alles Nötige“ biete, nur eben keine Erlösung.

Das Buch gliedert sich in (längere) „Überlegungen zum Unglauben“ und (kürzere) Ausführungen „Zur Praxis des Unglaubens“. Der erste Teil bietet zahlreiche „Zugänge“ zu ganz unterschiedlichen Fragen, die mit dem Verlust des Glaubens einhergehen, und immer wieder kritische Perspektiven auf die Auswirkungen von Gläubigkeit. Die einzelnen Kapitel sind meist nur lose verbunden, wirken wie aneinandergereihte Essays; die Vielzahl der eröffneten Perspektiven erscheint dem Autor dabei offenbar wichtiger als ein abgeschlossenes Konzept.
Im zweiten Teil werden Ansätze sichtbar, wie die Bedürfnisse, die der Hinwendung vieler Menschen zur Religon zugrundeliegen, alternativ befriedigt werden können. Sich ein Leben lang von Religion leiten zu lassen, sieht Condoleo als „infantilen Zug“. Die Philosophie könne eine Rolle spielen, die Bedürftigkeit des Menschen nach Liebe und Wissen aufzufangen. Dazu müsste sie Teilhabe, Sinnstiftung, Existenzauslegung bieten – und im Bereich der „Sorge“ von den praktischen Erfahrungen der Religonen lernen.
Am Ende schreibt Condoleo ein paar Sätze über die „Losigkeit“ (wahrscheinlich ohne die Begriffsdebatten der säkularen Szene zu kennen). Das merkwürdig klingende Wort mache deutlich, dass da etwas fehle, dass mit dem Zweifel der Zutritt zum „sicheren Heim“ des Glaubens verwehrt sei. Aber dies, „das wäre nun wichtig ... weitet den Blick. Der Blick ist nicht weniger hoffnungsfroh. Allerdings, die Hoffnung hat sich sehr verändert.“