MIZ 1/18

Verbote, Toleranzen, Alternativen

Die Diskussion um Vollverschleierung und Frauenrechte
Editorial

Voll verschleiert oder besser getrennt?

Frank Welker

Es war 2012 der glücklose CDU-Bundespräsident Christian Wulff, der in Reaktion auf das Erscheinen von Thilo Sarrazins Buch Deutschland schafft sich ab Folgendes ausführte: „Das Judentum gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische Geschichte. Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland.“ Aus einer säkularen Sicht war dies damals schon eine falsche Antwort auf eine ebenso falsche Frage. Denn warum sollte der private Glaube Teil eines Staatsgebildes sein? Es zeichnet einen modernen und offenen Staat ja gerade aus, dass Religion und Staat getrennt sind.

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Schwerpunktthema

Schwerpunktthema

„Ich habe keine Lust aufs Patriarchat und eine Gesellschaft ohne Gleichberechtigung“
Ein Gespräch mit Vera Muth über Ehre, Punk und religiöse Kleiderordnungen

Redaktion MIZ

Seit Jahren beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe der Frauenrechts­organisation Terre des Femmes mit den Auswirkung religiöser Vorstellungen auf das Leben von Frauen weltweit. In Bezug auf Deutschland forderte die Mitfrauenversammlung im Mai ein Verbot des Kinderschleiers, nun liegt ein Papier vor, das Argumente für ein Verbot der Vollverschleierung zusammenstellt. Eine der Autorinnen ist Vera Muth, die Koordinatorin der GerDiA-Kampagne; sie gibt Auskunft über Motivation und Zielsetzung der AG-Frauen und verteidigt Religionskritik gegen kulturrelativistisch begründete Angriffe.

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Schwerpunktthema

Terre des Femmes: Argumente zur Debatte um die Vollverschleierung

Redaktion MIZ

Terre des Femmes ist eine Frauenrechtsorganisation mit feministischem Leitbild. Sie setzt sich für eine Verbesserung der Lebens­situation von Frauen ein. Dabei gerät auch Religion als eine Ursache der Benachteiligung oder Unterdrückung von Frauen immer wieder in den Blick, ob es nun um Genitalverstümmelung oder Ehrverbrechen geht. Im Folgenden dokumentieren wir auszugsweise die derzeit kontrovers diskutierte Argumentations­hilfe zum Thema Vollverschleierung.

Warum dieses Papier?

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Staat und Kirche

Staat und Kirche

Koalitionsvertrag ohne Konfessionslose

Daniela Wakonigg

CDU, CSU und SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die inhaltlichen Eckpunkte einer Fortsetzung der Großen Koalition geeinigt. Der Vertrag gibt wenig Anlass zur Hoffnung, dass demnächst die Interessen nicht-religiöser Menschen in der Politik Beachtung finden werden.

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Staat und Kirche

Abmeldung vom Religionsunterricht wird bestraft
Wie ein Düsseldorfer Berufskolleg angehende Tierpfleger schikaniert

Rainer Ponitka

Schon letztes Jahr wurde über Unzumutbarkeiten für die Schülerinnen und Schüler der Düsseldorfer Elly-Heuss-Knapp Schule, wenn sich diese vom Religionsunterricht (RU) befreien wollten, berichtet (MIZ 3/17). Sie sollten einen Antrag auf Befreiung vom RU stellen, diesen dann beim Religionslehrer in einer Art Gewissensprüfung begründen und erhielten als Bestrafung für ihr Desinteresse an Religion zusätzlichen Sportunterricht, der böswillig in die Nachmittagsstunden am Freitag gelegt wurde. Da Auszubildende aus ganz Nordrhein-Westfalen die Düsseldorfer Schule besuchen, sollten diese bewusst in den Berufsverkehr des Freitagabends gezwungen werden.

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Staat und Kirche

Das Berliner Neutralitätsgesetz – Symbol der Aufklärung

Naïla Chikhi

Das Neutralitätsgesetz ist zukunftsweisend für Europa und die Welt, zumindest haben ich und viele andere das immer so empfunden. In ihm kristallisieren sich sozusagen die langen und mühsamen Kämpfe vieler in allen Kulturen zu findenden VorstreiterInnen der Aufklärung, der Menschenrechte und des Säkularismus. Ohne deren Errungenschaften hätte ich heute als deutsche Frau, algerischer Wurzeln und muslimischer Erziehung, nie ein solch freies und selbstverantwortliches Leben in Europa aufbauen können.

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Staat und Kirche

„Der schlechteste Tag des Jahres für einen religionsübergreifenden Feiertag“
Ein Gespräch mit Michael Fürst über den Reformationstag als gesetzlichen Feiertag

Redaktion MIZ

Nach Schleswig-Holstein und Hamburg will nun auch Niedersachsen den Reformationstag zum gesetzlichen Feiertag machen – obwohl die Entscheidung aus unterschiedlichen Richtungen kritisiert wurde. Auch aus den Jüdischen Gemeinden wurde Ablehnung signalisiert. Für die MIZ sprach Petra Bruns mit Michael Fürst, dem Vorsitzenden des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Niedersachsen.

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Ein Blick in den Sitzungssaal des Europäischen Gerichtshofes. (Foto: Stefan64 / Wikipedia)
Staat und Kirche

Weitreichendes Grundsatzurteil
Der Europäische Gerichtshof schränkt die Diskriminierung durch das kirchliche Arbeitsrecht ein

Gerhard Rampp

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat ein weitreichendes Grundsatzurteil gefällt, das Auswirkungen auf viele Jobs bei den Kirchen haben dürfte (AZ: C-414/16). irchliche Arbeitgeber dürfen demnach nicht bei jeder Stelle von Bewerbern eine Reli­gionszugehörigkeit
fordern. Zur Bedingung darf die Zugehörig­keit zu einer Konfession nur gemacht werden, wenn dies für die Tätigkeit „objektiv geboten“ ist. Außerdem muss die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.

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Prisma

Die Rackettheorie beschäftigt sich nicht nur mit organisiertem Verbrechen, sondern sieht Rackets als die Organisationsform der nachliberalen Phase des Kapitalismus. (Foto: © pixabay.com/CC0 Public Domain)
Prisma

Die säkulare Szene braucht 
die Rackettheorie

Werner Hager

Warum sich mit der Rackettheorie beschäftigen? Weil seit einigen Jahren die Debatte aussteht, was eigentlich die unter den Schlagwörtern „Islamismus“, „Dschihadismus“, „Salafismus“, „Fundamentalismus“ oder „politischer Islam“ bezeichneten Phänomene bedeuten. Und ob oder wie diese in den Kategorien von „Faschismus“, „Extremismus“, „gewaltbereit“ oder „Radikalisierung“ zu fassen sind, die die – umstrittenen – Deutungsmuster für die Geschichte des 20. Jahrhunderts darstellen. Oder ob hierfür nicht andere Begriffe entwickelt werden müssen.

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Prisma

Genitale Selbstbestimmung als Menschenrecht.
Der „Weltweite Tag der genitalen Selbstbestimmung“ wurde am 7. Mai 2018 zum sechsten Mal begangen

Victor Schiering

Am 7. Mai 2012 bewertete das Kölner Landgericht eine medizi
nisch nicht indizierte „Beschneidung“ an einem nicht einwilligungs-
fähigen Jungen als rechtswidrig. Dies war nur folgerichtig, denn auch Kindern standen in Deutschland die Rechte auf körperliche Unversehrtheit und gewaltfreie Erziehung zu. Warum hätten diese Rechte gerade vor dem Intimbereich haltmachen sollen, und dann auch noch exklusiv nur vor dem von Jungen?

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Prisma

Karmakadschiü

Colin Goldner

Unter dem Titel Hannah – Ein buddhistischer Weg zur Freiheit kam Anfang 2018 ein Film in die deutschen Kinos, der, gedreht von der britischen Regiedebütantin Marta György-Kessler, das Leben der gebürtigen Dänin Hannah Nydahl (1946–2007) nachzeichnet. Zusammen mit ihrem Ehemann Ole Nydahl (*1941) gilt sie als Begründerin des sogenannten Diamantwegbuddhismus, der, basierend auf der tibetischen Karma-Kagyü-Tradition, weltweit mehr als 650 Meditationszentren unterhält, 180 davon allein im deutschsprachigen Raum.1 Die von den Nydahls vertretene Variante des tibetischen Buddhismus dürfte hierzulande mehr Anhänger aufweisen als die des Dalai Lama.

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Prisma

Diskurswechsel
Im Ferkelbuchstreit warf ein identitäres Religionsverständnis seine Schatten voraus

Gunnar Schedel

Es war ein außergewöhnliches Verfahren, das da am 6. März 2008 
vor der „Bundesprüfstelle“ stattfand. Wo ansonsten über die Dar
stellung brutaler Gewalt oder volksverhetzende Aussagen ver
handelt wird, ging es damals um die Frage, ob ein niedliches, im Kinderbuch-Stil gezeichnetes Schweinchen aus der Öffentlichkeit verbannt werden sollte. Der Vorwurf: Durch seine Kritik an den drei abrahamitischen Weltreligionen wirke das Ferkel sozial desorientierend auf Kinder.

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